Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 44. Band.1921
Seite: 138
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ARCH. F. E. SCHOLER-STUTTGART a ARBEITERHAUS AUS DEM ZEPPELINDORF B. FRIEDRICHSHAFEN

die meisten dieser Kunstwerke bewegen sich
auf einer etwas schwankenden Stufe zwischen
dekorativem und naturalistischem Erlebnis, die
sehr viel näher dem ersten liegt. Hier muß man
mehr auf die Beziehungen innerhalb des Kunstwerkes
selbst zurückgehen und das Überwiegen
irgendwie materieller Werte im Bilde zum Maßstab
nehmen. Es ist nicht bloß die Beziehung
auf einen gedachten (nicht vorgestellten) Raum,
der beispielsweise Klingers große Gemälde im
Wiener Museum dekorativ macht (wobei der
geistige Gehalt aus künstlerischer Betrachtung
überhaupt ausschaltet, weil er eine rein literarisch
-philosophische Angelegenheit ist) und viele
Spätbilder Böcklins ebenso. Die tektonisieren-
den Rahmen bei diesen Werken verraten es
sogar dem Blinden, daß man es hier mit atek-
tonischem Wandschmuck ohne Wand zu tun
hat. Sondern es gibt auch im gewöhnlichen
Rahmenbilde Beziehungen von Farbflächen,
Technik, Raumausschnitt, Linienrhythmik usw.,
die von der Rücksicht auf irgend etwas Fremdes
diktiert zu sein scheinen: und dies Fremde,
nicht Erlebte ist der Geschmack, im Grunde etwas
Negatives, das aus der Fingerfertigkeit und
der malerischen Gewöhnung herauswächst und

der typische Feind der hohen Kunst ist. Wo
das Wort Geschmack fällt, sollte man eigentlich
schon stutzen. Nicht als ob es nicht Geschmackskunst
gäbe, ja geben müßte; es kann nicht
jeder Maler ein Genie sein: aber nie darf man
aus den Augen verlieren, daß dieses nicht das
Letzte in der Kunst ist, und daß aller wahren
und tiefen Liebe zur Kunst immer dieses Letzte
zugrunde liegt, sei es beim schaffenden oder auch
nur beim nachempfindenden Menschen.

All das hat mit den Einteilungen in Idealismus
, Romantik, Naturalismus, Expressionismus
usw. nichts zu tun: diese gehören mitsammen
einem anderen Wertungsbezirk an und fallen
durchaus unter den Begriff der Erlebniskunst.
Es gibt selbstverständlich ebenso ein naturalistisches
wie ein visionäres Erlebnis usw.; man
bewegt sich mit diesen Unterscheidungen ausschließlich
im Gebiet der hohen Kunst. Es
wird nur leider in den gewöhnlichen Darstellungen
viel zu wenig Gewicht darauf gelegt,
die Geschmackskunst von der künstlerisch wichtigen
zu trennen und in die Rubrik des Anmerkungshaften
zu verweisen, wohin sie ihrem
wankenden Begleitcharakter nach gehören; so
wenn man z. B. Kaulbach und Rethel auf

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