Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 44. Band.1921
Seite: 148
(PDF, 56 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0178
fungen, die von den großen Glashütten gebrauchsfertig
geliefert werden. Deren Herstellung
ist ein Zweig der Glasindustrie für sich,
der ausschließlich in der Hand darin besonders
vorgebildeter und geübter Leute liegt. Aus
diesen Röhren formt der Bläser in seiner eigenen
kleinen Werkstatt meistens ohne Gehilfen
an der Stichflamme einer Gaslampe seine verschiedenartigen
Gegenstände.

Der Gang der Arbeit ist nun folgender:
Die durch die Stichflamme erhitzte Röhre
wird durch ständiges Drehen an der erhitzten
Stelle verengert und abgesprengt und dieser
Vorgang an einer zweiten Stelle wiederholt,
so daß eine Art Zeppelinform mit einer engen
Einblasöffnung entsteht, die nun die Grundform
für alle weitere Gestaltung bildet. Durch Aufblasen
der erweichten Röhre, durch Biegen,
Drehen, Ziehen, Drücken, Zwicken, Zusammenschmelzen
, Ansetzen und andere Handgriffe
kann man dieser Grundform jede beliebige Gestalt
geben. Abstehende Teile wie die Gliedmaßen
der Tiere werden nicht angesetzt, sondern
nach Erhitzen der betreffenden Stelle des
Rumpfes mit einem angeschmolzenen Glasstäbchen
herausgezogen, wodurch das verblüffend
Organische des Ansatzes entsteht. Geweihe,
Ohren, Blättchen, Henkel werden aus massiven
Stäbchen heiß angesetzt und durch Zwicken
und Ziehen in die richtige Form gebracht.

Besonders reizvoll ist die gedrehte Verwendung
schon gerippter und gestreifter Röhren,
mit denen eine Wirkung ähnlich der des alten
Fadenglases erreicht werden kann. Die für
Lauscha charakteristische Tiergestalt ist der
weiße Hirsch, denn seine Formen bringen die
Reize der Lauschatechnik am glücklichsten und

umfassendsten zum Ausdruck. Die Geschmeidigkeit
des Rumpfes, das Filigran des Geweihes
und die anmutige Biegung der Glieder bilden
sich in der Hand eines Meisters förmlich von
selbst aus den Eigenschaften des Glases heraus.
Aber auch anderen Tieren wie Pferden, Hunden
und Vögeln haben die Lauschaer ihre
charakteristische Bewegung abgelauscht. Und
für den Baum und den Strauch haben sie eine
der Glastechnik sehr angepaßte Form erfunden
. Alle diese Bildungen, ebenso wie die lustigen
kleinen Spielsachen, Spinnräder, Körbchen
und dergleichen Dinge bekommen ihren Wert
durch die zartflüssige Anmut, die der Art des
Glases am besten liegt. Während die Technik
den Reiz der Naturwiedergabe so vollendet zur
Geltung bringt, kommt durch die gebotene Flinkheit
der Formung und durch die zähe Zugigkeit
des erhitzten Glases beinahe unbewußt
das erwünschte Maß von Stil in die Arbeit.
Diese Mischung von unwillkürlicher Primitivität
und feiner Naturbeobachtung macht diese
Arbeiten so ungemein reizvoll.

Gutes, meisterhaft geübtes Handwerk, das auf
Grund einer alten Überlieferung oder unter dem
Einfluß einer künstlerischen Persönlichkeit vorbildliche
Gegenstände hervorbringt, ist heute
leider nicht im Zunehmen. Die allgemeine wirtschaftliche
Not, der Geist der Gewinnsucht und
die im Gefolge sozialer Strömungen einhergehende
Unterschätzung der Unterschiede in der
Leistung arbeiten noch weiter daran, es zu beeinträchtigen
. Um so mehr tut es not, die Aufmerksamkeit
dahin zu lenken, wo liebevolle
Versenkung im Verein mit handwerklichem
Können sich in unsere neue Zeit hinübergerettet
hat. W.v.Wersin

KUNSTGLASBLÄSEREIEN AUS LAUSCHA VOGELKÄFIGE MIT VÖGELN

148


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0178