http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0209
sammenbruch, noch nicht reif für das Allgemeinempfinden
, um aus dem „Expressionismus
" ein neues Ornamentales zu kristallisieren;
wenn man von den vereinzelten sehr glücklichen
Versuchen einiger Künstler wie Heckel,
Schmidt-Rottluff, Chr. Rohlfs u. a. absieht.
Doch darf man billig erstaunen, daß trotz
jener fast unüberwindbaren Schwierigkeit in den
Voraussetzungen damals, um 1895, so bedeutende
Dinge gelungen sind, so daß man unbedingt
an eine Vorläuferschaft des „Expressionismus
" glauben muß: van de Veldes Ornamentik
, Verglasungen von Christiansen, Pan-
koks und Endells Möbel, Obrists Ornamente
und abstrakte Brunnenplastik, die frühen Plakate
der Simplicissimusleute; dies und verwandte
Werke sind geniale Schöpfungen in der Mitte
zwischen Dekoration und hoher Kunst: Zweckdinge
mit dem Ekstatischen einer Rauschkunst,
Ornamente mit der unnatürlichen Belastung
höchsten Ausdrucks. Ihre Unbedingtheit mußte
zugunsten einer reinen Nutzkunst aufgegeben
werden, die den Gegenstand praktischen Gebrauchs
mit dem Glanz des Künstlertums umgeben
will.
Dem Bemühen, Kunst und Handwerk gänzlich
zu trennen, ist darum die Berechtigung
nicht abzusprechen. Einstweilen wenigstens wäre
es für alle Teile ganz gesund — wie es etwa
Tessenow in Hellerau durchzuführen sucht und
die neueren Werkbundideen auf weiteren Gebieten
— statt des Kunstgewerbes sich auf edle
und solideste Handwerksarbeit und sachliche
Fabrikware zu beschränken und nur den Berufensten
, wenn es sie aus innerer Not dazu
treibt, das Schaffen rein „architektonischer"
Kunstdinge (im angeführten Sinne) zu überlassen
. Es wäre das Ehrlichste; aber leider ist
es auch gerade das am allerschwersten Durchzuführende
. Unsere Zeit scheint aber den Vorgeschrittenen
doch zu ernst für eine bloße Geschmackskunst
. Dr. Paul F. Schmidt
ARCH. BLAU-BERLIN □ BÜCHERSCHRANK □ BILDHAU ER AR BEIT VON O. HITZB ERGER (s. a. S. 170/71)
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