http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0241
DAS HOLZHAUS DER DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN A.-G., HELLERAU EINGANG
DAS HOLZHAUS DER DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN, HELLERAU
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen und die
nationale Notwendigkeit des Kleinhauses
sind bis zur Erschöpfung erörtert worden. Aber
die große Welle der Kriegerheimstätten rollt
heute nicht mehr über den glatten Grund, den
ein gesundes und reiches Volk ihr zu ebnen
hoffte, sondern sie bricht sich an den zackigen
Steinen unserer inneren Zerrüttung. Nur
kleine Rinnsale des gewaltigen Stromes suchen
sich mühsam ihren Weg durch das hungernde,
geknechtete Land.
Die Architekten Deutschlands, im Dienste der
monumentalen Heldenehrungen ermüdet, rechnen
mit Quadratzentimetern, mit kubischen Minimalwerten
, um aus der Fülle der billigen Projekte
das billigste herauszuschälen. Vorraum und
Schlafzimmer, Wohnküche und Vorratskammer,
Abwaschraum und Kleintierstall werden zum
hundertsten Male auf das Äußerste ihrer nutzbaren
Fläche, ihrer Gestellungskosten geprüft.
Um der Kosten eines halben Quadratmeters
Schindeldach, eines Dutzend Ziegel willen werden
sorgfältig durchgearbeitete Baupläne umgeworfen
. Zeigt sich auf dem Baumarkt der
Werkstoffe ein Sinken der phantastisch hohen
Preise, schnellt die Kurve der Arbeitslöhne
sofort heimtückisch in die Höhe. Und aufs
neue wird gekürzt, verglichen, eingespart, Anspruch
und Erfüllung, Gesundheit und Geschmack
in peinlichster Dosierung ausgewertet
und abgewogen ....
Man wird es den Deutschen Werkstätten in
Hellerau gern zugestehen, daß sie im Reiche
der Kleinsiedlung einige Erfahrung besitzen.
Als eine der ersten deutschen Gartenstädte hat
Hellerau die Probleme der Wohnung nach den
verschiedensten Seiten wirtschaftlich und künstlerisch
in die Hand genommen. Die Reihenhäuser
, Doppelhäuser, Arbeiterhäuser von Mu-
thesius, Tessenow, Riemerschmid und anderen,
die am Rande der Dresdner Heide, in Kiefern
und Sand, sich zu einem höchst persönlichen
Gemeinwesen zusammengeschlossen haben, sind
aus der Geschichte der modernen Wohnungs-
Dekorttive Kunst. XXIV. 10. Juli 1921
201
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0241