Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 45. Band.1922
Seite: 259
(PDF, 78 MB)
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J. VON BARY-DOUSSIN

RHEINTÖCHTER

JENNY VON BARY-DOUSSIN

Wenn uns mit dem Begriff Bildhauerkunst
der Gedanke an mannhafte Kraft fast untrennbar
scheint, wenn uns bei dem Gedenken
an Plastik Titanen derselben wie Phidias, Michelangelo
, Rodin, Hildebrand, alle männliche Erscheinungen
von angeborenem Kraftsinn, unwillkürlich
in unserem Gedächtnis sich einstellen,
so mag es uns sonderbar vorkommen, daß auch
einmal eine Frau auf diesem Gebiete als beachtenswerte
Rivalin auftritt, eine Künstlerin,
an deren Werken wir nichts von kraftvoller
Männlichkeit vermissen, so oft solcher Ausdruck
zu verlangen wäre, zwar ohne daß wir auf die
Tugenden, die Vorzüge ihres Geschlechts in
den Schöpfungen der Meisterin zu verzichten
brauchten. Aber Jenny von Bary - Doussins
temperament- und kraftvolle Plastik zeigt keine
erzwungene, keine ertrotzte, sozusagen: „unweibliche
Männlichkeit", das ist natürliche, angeborene
Stärke im Empfinden und technischen
Können einer Frau, wie ähnlich ein weiblich
Zartfühlendes, Mildes in dieser Kunst, das so oft es

angebracht erscheint, uns mächtig fesselt, gleichweit
entfernt von jeder Schwäche und jeder Sentimentalität
ist. Max Lehrs bewunderte zuerst in
den Schöpfungen dieser Künstlerin,,die Selbstverständlichkeit
und Einfachheit, die weitab liegen
von bildhauerischer Pose und die eben darum
im besten Sinne monumental wirken". „Wer so
schlicht und ehrlich der Natur Zug um Zug nachzugehen
weiß und sich so fern hält von akademischer
Tradition und virtuosenhafter Mache,
der erweist sich als Meister in seiner Kunst."

Jeder, der sich in die Werke Jenny von Barys
vertieft, findet dieses Urteil sofort bestätigt. Und
unser Erstaunen wächst noch mehr, wenn wir
bedenken, daß die Künstlerin, die in der schlesi-
schen „Stadt der Töpfer" Bunzlau als Tochter
eines Landwirts geboren wurde, im vollsten
Sinne des Wortes Autodidaktin ist. Bei dem
großen Eifer und dem ungewöhnlich hohen
Formgefühl, das ihr die Natur mitgegeben hat,
ist es nicht allzu verwunderlich, daß sie es
technisch viel weiter brachte als mancher Kunst-

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