Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 46. Band.1922
Seite: 161
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LUDWIG VIERTHALER HANNOVER

BRONZESCHALE

LUDWIG VIERTHALER

Das keineswegs geklärte Ziel des Verlangens
nach einer neuen Kunst zeigt deutlich die
Stellung der Plastik.

Trotz der Bewunderung und Anlehnung an
asiatische, besonders auch an mittelalterliche,
Kunst wurde von der Seite der Schöpfer die
wichtige und ausschlaggebende Bedeutung der
Plastik in vollem Umfange nicht gewürdigt.
Die reinsten Gebilde eines ekstatischen Ausdrucksverlangens
sind im Mittelalter (ebenso
in Asien) von Bildhauern geschaffen worden.
Und es hätte auch jetzt so sein müssen, von
Anfang an — und nicht erst nachträglich und
allmählich. Der Grund ist einfach und klar.
Das Streben der jüngsten Kunst ging keineswegs
(trotz aller Irrtümer) auf eine Vergewaltigung
, Veränderung der Erscheinungswelt
und eine Umbildung des Sehbildes, sondern
auf Geistiges im allgemeinsten Sinne. Die vergeistigtste
Materialisation — und die einzige,
von der wir wirklich genaue Kenntnis haben,
— ist aber nichts anderes als der Mensch,
das Hauptobjekt der bildhauerischen Darstellung
. Die exakt wissenschaftliche, objektive

Wiedergabe des Augeneindrucks, wie es Ziel
und Aufgabe des Impressionismus war, ist eine
von der Bildhauerkunst nicht zu erfüllende
Leistung. Das Hauptobjekt seiner Darstellung:
der Mensch widerstreitet überdies von vornherein
einem blanken Naturalismus, der zu unkünstlerischen
und unmöglichen Formen wie
den Wachsköpfen mit echten Haaren usw. im
Panoptikum oder Friseurladen führen müßte.
Der Irrweg der materialistisch eingestellten
Kunst hätte von hier aus schon erkannt werden
können. Die Schuld liegt zweifellos aber
auch auf Seiten des Publikums, wo die Bedeutung
der Plastik noch weniger erkannt wurde.
Wäre das Verlangen nach einer neuen, geistig
bestimmten Ausdruckskunst klar gewesen, hätte
das Verhältnis zur Bildhauerkunst von Anfang
an ein anderes und zwar besseres sein müssen.
Nicht zu leugnen ist aber, daß die Malerei mit
unentwegter Einseitigkeit als die Kunst angesehen
wird, daß die sich vollziehenden und
vollzogenen Änderungen in künstlerischer Einstellung
und Absicht fast ausschließlich hier
beobachtet werden — und daß die Plastik das

Dekorative Kunst. XXV. 7. April 1922

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