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HANS VON MAReES b SELBSTBILDNIS MIT SCHWARZEM HUT
Ausstellung der Galerie Thannhauser, München
und endet in der Kargheit einer Verbannung.
Diese kranke, beizende Schicksalslinie zwischen
Nasenflügeln und Mundwinkeln, die das Zeichen
des Verzweifelten und Überlegenen ist — des
Unseligen, dem zur Vollendung die drei letzten
Hundertstel der Gnade fehlten; oh bitterstes
der Schicksale ! Diese Entzündlichkeit der
Augen — wie von Tränen oder von schmerzhaft
-allzugenauem Hinschauen; die ganze Donquichotterie
des Herrn im steifen Hut; des
Herrn, der nichts zu sollen scheint als aus den
schlanken Hüften herauf in die Donquichotterie
des hohen und steifen Hutes hinaufwachsen!
Ja wahrlich — Don Quichotte ist wieder gekommen
, und er verkleidet sich in eine nicht
ganz glaubwürdige, in eine leicht verdächtige
internationale Eleganz der siebziger Jahre. Dieser
abenteuerliche, dieser gleichsam prähistorische
Hut — er ist nicht minder absurd als
Mambrins Helm aus gelbem Blech; doch die
Mähre Rosinante würden diesen sehr schmalen
und sehr aufrechten Kavalier von 1874, dem
einer die Lanze stahl, diesen in schon miserabler
Zeit der Bürger und Proleten höchst aufrechten
und integren Chevalier so wenig entehren,
wie je sie den langen Ritter von der traurigen
Gestalt entehrte: weil dieser Ritter und sein
Revenant, der zivil Hans von Marees geheißen
hat, überhaupt nicht zu entehren sind; weil
niemand sie auch nur berühren kann; weil sie
in eine steile Höhe hinaufleben, wo nichts
Menschliches, nichts Irdisches noch kompromittiert
; weil es für sie nur um die kühnsten,
äußersten, die alleredelsten Dinge geht — um
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