http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_49_1924/0412
GEORG SCHRIMPF AUSSCHAUENDE
Ausstellung der Münchener Neuen Secession
de3 Daseins sucht, so steigert er das Porträt
zum Ausdruck des geistig Bedeutenden, bleibt
aber in Ehrfurcht in der durch das Objekt angewiesenen
Richtung, ohne das Porträt nur als
Vorwand zu subjektiven Seitensprüngen zu benützen
. Der geistige Gehalt so ausdrucksvoller
Köpfe wie Wölfflin und Liebermann hat es
E. Scharff zur Pflicht aber auch leicht gemacht,
selbst bedeutend zu sein. Gut sind auch Porträts
von Kronseder und Koelle.
Gute impressionistische Kunst zu pflegen ist
nicht das Spezifische der Neuen Secession. Mehr
und mehr werden die Ausdrucksmittel im Sinne
eines ganz bestimmten Ausdruckwillens umgebogen
. Innerhalb der Sphäre des Malerischen
bleiben dabei z. B. Heckendorf, Gott in seinem
Selbstporträt und einigen seiner Akte, Maria
Caspar-Filser, Teutsch und Schülein. Bestehen
innerhalb der malerischen Sphäre diese Um-
biegungen der Wiedergabe des Sichtbaren in
einem gewaltsamen, primitiven Sehen der malerischen
Erscheinung, so vollzieht sich bei den
,,schon" linear eingestellten die Umstilisierung
der Silhouette in der Richtung hin zum Befangenen
, zum Forcierten. Das ist so sehr die
Regel, daß Bilder wie die von Troendle, aus
deren mit feinem Gefühl wohl ausponderierten
und gelassenen Kompositionen unzweifelhaft
hervorgeht, daß der Maler das Leben für etwas
durchaus Erträgliches hält, als eigenartig
auffallen. Der gelassene Kontur seiner Figuren
geht mit der Wahl der stumpfen Farben gut
zusammen. Caspar gibt das Wesentliche seiner
Bilder durchaus in der Komposition. Die gehaltene
Bewegung von Rahel und Tobias gehört
mit zum Schönsten, was man von Caspar gesehen
hat. Und es ist interessant, wie er die
Farbe dem Ernste seiner Zeichnung anzupassen
weiß. Es sind kalkige Farben, wie man sie vom
Fresko her kennt, nicht roh, aber auch nicht
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