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fchleppte vergnügt im Staube nach. \ls Leibi
ihn mir dann mit feinen mächtigen Händen
überreichte, fah ei- ziemlich defekt aus. \\ ir
waren beide betrübt, Leibi noch betrübter als
ich, und er Rammelte in feiner \rt mit tiefer
Stimme hilflofe Entfchuldigungen. Em lautes
Lachen Lorenz Gedons, der ja fo gut lachen
konnte, befreite uns ans diefer Situation; er
richtete vorläufig den Zerftörte11 mit gefchickten
Händen etwas zurecht und verfprach mir einen
neuen Hut, was Leibi fehr beruhigte.
\ ier Wochen hing das Bild in unterem Zimmer
. Mein Mann freute Reh jeden Tag aufs
neue darüber. Dann kam es in die Ausheilung
im Münchner Glaspalafte, aber es hatte leider
damals in München nicht ganz den durch-
fchlagenden Erfolg, den wir erwartet hatten.
Da wurde viel gelobt, aber auch viel getadelt,
und namentlich hallen diejenigen, die mich
kannten, an der Ähnlichkeit zu kritteln.
Nach Schluß des Glaspalaftes mußten w ir I >eibl
das \ erfprechen geben, ihm das Bild für die
Parifer Ansftellung zur \ erfügung zu (teilen,
denn es war eine dringende Einladung aus Paris
an ihn ergangen. Mein Gatte konnte (ich fchwer
von dem Bilde trennen, \llerdings handelte es
lieh für uns nur um eine zeitweife Trennung,
denn w ir dachten nicht daran, daß es nicht mehr
zurückkommen werde. So reifte das Bild im
Dachauerrahmen nach Paris; und dami faheu
w ir es nicht wieder! Der Erfolg Leibis in Paris
mit dem BildniRe der Frau Gedon war größer
als in München. Leibi bekam auch ein für die
damalige Zeit lehr hohes Angebot und zugleich
die Zuficherung der erften goldenen Medaille,
wenn er das Bild einer Privatfammlung, der des
Herzogs Tacher de la Pagcrie, übeiiaRTen wolle.
Ich felbft war Fürfprecherin für Leibi; war es
doch für den jungen, unbemittelten Maler von
größter ^ ichtigkeit, Co anerkannt zu fein und
endlieh forglos arbeiten zu können. Als dann
zum Schlufle dringende Telegramme kamen,
ging ein kurzes „Ja" zurück. Aber ich fchäme
mich nicht es zu tagen: es war ein „Ja" mit
Tränen !
Leibi kam fpäter, auch als wir fchon in das
eigene Haus in der Nymphenburgerftraße umgezogen
waren, noch viel zu uns. Er verfprach,
mich noch einmal zu malen; diefes zweite Bildnis
wurde aber leider nicht mehr zur Tal, da
Leibi ja damals nicht mehr dauernd in München
war.
Plötzlieh nun nach vielen, vielen Jahren wurde
das Bild durch den kunfthändler Herrn Kom-
merzienrat I leinemann wieder in feine Heimat
nach München gebracht. Er halle es bei einer
Miktion in Paris erworben. Im Kainft lalonHeine
mann fall ich es nach fo vielen Jahren wieder.
Leibi und mein Gatte find ja fchon lange tot.
Dann erw arb es die Staatsgalerie, wo es RolfenI
lieh für immer feine Ruhe findet, ich flehe
manchmal, jetzt eine 76jährige alte Frau, davor
. Mir hat das Bild wohl am meiften zu er
zählen; wir beide taufchen Erinnerungen aus an
fchöne, anregende Zeiten, da Leibi und Lorenz
Gedon noch lebten und in der erften Blütezeil
ihres Kümftlertums Randen. Auch vieler an
derer Freunde denke ich dabei, die nun fall alle
fchon aus dieler \\ elt gefchieden lind und
einer anderen Generation Platz gemacht haben.
W. LEIBL
BILDNIS DER FRAU GEDON (AUSSCHNITT)
Mit Genehmigung der Photographiichen Gefellfchaft, Charlottenburg
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