Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 52. Band.1925
Seite: 14
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_52_1925/0028
Fab rikhof. Es bietet Raum für 80 aufzuhängende
Fahrräder. Jede andere, etwa kantig quaderförmige
Löfung an diefer Stelle auf dem nach zwei
Seiten fallenden Boden des Hofes hätte das archi-
tektonilche Gefamtbild geftört, wenn nicht zer-
riflen. Statt delTen bedeutet jetztdasTenrpelchen
praktifch und künltlerifch einen Gewinn!
Der vom ganz nahe liegenden Balmhof Kommende
befindet lieh zunächit unter dem Eindruck
eines erlt durch ftarkes Planieren gewon
nenen, raumfichönen, rechtwinkligen Platzes. Er
gibt mit feinem großen, fteingefaßten Wafler-
becken mit Springbrunnen (Abb. S. 3) den Auf-
takl zur „erltarrten Münk" (wie Schlegel einft
die Architektur nannte) des abfeh ließenden Verwaltungsgebäudes
. Das vornehm ruhige Haus
— ein erweiterter Umbau — ift von Eitel entworfen
. Es enthält die Privatarbeitsräume der
Fabrikbefitzer, helle, lichte Büroräume, Regi-
ftratur, Laboratorien, Baubüro und Magazine.
Seine Längsachfe Steht Senkrecht zur Fabrikfront
, eine Uber- und Unterführung der Staatsstraße
ftellt die Verbindung mit der Fabrik
her. So ift wohltuender AbStand und doch ftets
Schnelle Erreichbarkeit aller wefentiiehen Arbeitsräume
gewährleistet. Teclmifch wichtig war
die Nordorientierung, die Sich aus der Senkrecht-
Heilung zur I abrikhauptachSe ergab, auch für
die Prüfung der hergeftellten feinen Papiere.
Die Papierbeurteilung erfordert gleichmäßiges,
alfo Nordlicht, wie die ganze Papierfabrikation
befonders helle und lichte Arbeitsräume benötigt
. Die Teilan licht des Papierfortierfaals (Abb.
S. 2) zeigt, wie lehr diefe technische Forderung
beim Fabrikbau beruckfichtigt wurde.
I ud nun ein Blick in das Innere des Verwal
tungsgebäudes! Der Grundton feiner Architektur
klingt in der Ausgeftaltung der Räume,
klingt in den Möbeln bis zu den fchlichten,
praktifchen und doch formfehönen Stühlen für
die kaufmännischen Aiigeltellten weiter (Abb.
S. 6). Die gelamte Innenausftattung (von Prof.
P. L.Troofl. München, Ausführung: „Vereinigte
\\ erk Hätten für KunSt im Handwerk A.-G.,
München") atmet den gleichen Geift ftrenger
Sachlichkeit, vornehmer Zurückhaltung und
Gediegenheit. Ihre Schönheit liegt in diefen
Eigenfchaften. Sie wird noch gehoben durch
das edle Material, w ie es etwa in dem amerika
nifchen Nußbaumwurzelmaferholz der Möbel
desPrivatarbeilsraums(Abb. S. 5 11.7) wundervoll
zur Geltung kommt. Kann man lieh in (liefern
Schönen Raum, der im gedämpften Tabaksbraun

des Holzes und der Tapete auch farbig fein zu-
fammenklingt, den üblichen ftählerneu KaiFen-
fchrank ohne DüTonanz denken? Troolt ver
Suchte einen Ausweg, indem er dielen unumgänglichen
Bürobeftandtei] mit Holz umkleidete
und ihn durch dielen Einbau, der einheitlichen
Gefamlw irkung zuliebe, dem Blick entzog (Abb.
S. 7). Vergeblich fuchen wir hier die üblichen
Klubmöbel der Büroräume. Aber wir vermilFen
he nicht. Bieten doch die vorhandenen Selfel
und Stühle diefelben praktifchen Annehmlichkeiten
bei einer viel perl011 licheren, eigenkräftigeren
Formgeftaltung. Und fo befilzt jedes der
Möbel, fei es der Roiladenfchreibtifch (Abi).
S. 4), Sei es einer der fchönen \\ andtifche (Abb.
S. 4), Seine zurückhaltende und doch klare Form-
Sprache. Alle Linien Schwingen in gleichartigem,
feinem Rhythmus, und doch übertönt keine den
iachlich-koiiftruktiven Grundton.Man bei rächte
darauShin auch die Einzelmöbel der übrigen
Koiitorräume (Abb. S. 8, 9).
Grundsätzlich andere Forderungen als der In-
duSlriebau Stellt das Wohnhaus! Dort ilt reine
Zw eckbeftimmungdie tonangebende Note. Alles
hat lieh ihr un terzuordnen, das Maß ihrer Schönheit
hängt von der Sichtbarmachung ihres inneren
GeSiiges ab. Hier dagegen, im \\ olmbau,
darf ßch die künStlerilche Form Schon um ihrer
SelbSt willen über den bloßen Zweck hinaus hervorwagen
, ja ausleben, Soweit ße Sich der Harmonie
des Ganzen unterzuordnen verlieh t. Auch
hier gibt es Grenzen. Eine gewiSSe Richtung des
modernen Kunstgewerbes überSchreitet Sie. \\ o
jedes, an lieh vielleicht noch So Schöne Möbel,
jede noch So kunftvoil metailgefägte Radiatoreilverkleidung
, jeder Beleuchtungskörper uns an-
fchreit: „Seht ich bin da! ich bin mit hervorragender
künftlerifcher Phantalie entworfen!",
wo jede Einzelheit fich felbftherrliche Eigen-
Schaften der freien und hohen Kunft anmaßt, da
kann lieh kein Gebild, kein harmoniScher Zu-
fammenkiang entfalten. W eim irgendwo das
fchon zitierte Wort vom „dienenden Glied",
das fich dem Ganzen aiiichließeii loll, Berechtigung
hal, da 1111 bei de 11Ei 11 zelheiteil der Wolm-
raumgeJtaltung! Und vergelfe mau doch nicht,
daß Schließlich alles da drinnen keine Ausstellungsobjekte
, keine Dinge um ihrer SelbSt willen
lind. Sondern daß der in leinen Räumen wob
nende Menf ch der tonangebende Mittelpunkt,
alles andere Bcgleiltnulik dazu ift.
Das \\ ohnhaus Fleinrich Scheufelen (Abb.
S. 11) war architektoniSch keine leichte Aufgabe.

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