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der vorige Bau. Unfere \bbildung zeigt leine
klare Gliederung und die fchönen Maßverhält-
nifl'e der Gartenfeite. Ihr gegenüber, am Ende
der großen, voq alten ßaumgruppen umra Im 11 e11
Ralenfläche klingt die Architektur in Wafler-
becken und anfchließender Pergola aus
\bb. S. 20).
Den Befucher des Hanfes nimmt zunächft die
\ 011 Prof. E. Haiger München ausgeltaltete Diele
auf (Abb. S. 22). Mit feinem Takt hat er die
durch die gegebenen RaumverhältnifTe fchwie-
rige Aufgabe gel oft. Diefchönen N iißbaumtüren,
durch die gefchnitzten, die fünf Weltteile andeutenden
Lünetten noch betonter, lind die Dominante
im Raum. Auch hier ift das von Haiger
entworfene Eßzimmer (Abb. S. 25, 26) von be-
fonderem Wohlklang. Kraftvoll und breit gelagert
, mit Marmorplatten abgedeckt. Hellen lieb
die Anrichten in poliertem Nußbaumwurzel-
maferholzdar undlalfendenLandfchaftsbilderu
darüber Raum zur vollen Entfaltung ihrer
Schönheit. Eine gefchickte Ecklöfung zeigt Ilaiger
in den halbrunden Gefchirrfchränken, die
(ich unauffällig der gelbgrünlich abgefetzten
Wand und ihren Auf teilungen anfchmiegt (Abb.
S. 27). Wirfahenauf der Gartenfeite des Haufes
die den Mittelbau rechts und links im Erdgc-
fchoß flankierenden Vorbauten. Unfere Abbildung
(S. 24) zeigt einen von ihnen in der
[linenanficht, mit dem Blick auf den Garten.
Die bequemen Polftermöbel laden fo recht dazu
ein, lieh mufikalifchen GenüfTen hinzugeben.
Die Möbel der erw ähnten Räume wurden von
den „Vereinigten Werkftätten für Kunft im
Handwerk A. G., München" ausgeführt.
Es müßte wunderlich zugehen, wenn der Geilt,
der aus den bisher gezeigten Bauten fpriebt, fich
nicht auch im Landfchaftsbilde des Ortes und
Tales weiter auswirkte. Und fo ift es in der Tat!
\\ eit droben, talaufwärts, begegnen wir einem
Aquädukt für die \\ afferkraftanlage (Entwurf
A. Eitel). Eine gefährliche Tat für die landschaftliche
Schönheit, die Überquerung eines Seitentales
durch eine WafTerführung! Lud doch
mußte fie fein. Ein Blick auf die Landfchaft zeigt,
wie tcclmifch und künlllerifch einwandfrei die
Aufgabe im Sinne der alten Aquädukte gelöh"
ward. \\ eiler bemerkenswert ill, daß fchon im
Jah re 1893 die VValTerkraft der Lauter an einer
anderen Stelle am Dorfende Oberlenningens
ausgebaut und als eine der erften Aulagen mit
Drehftrom übertragen wurde.
Aber auch im Orte begegnen wir in vielen
Bauten dem Walten künftlerifchen Geiftes.
Schon am Dorfeingang fpürtihn der Wanderer
in der (chlicblen Ixklöfiing einer VS egkreuzung
(Abb. S. 30), deren niedere Steineinfaffung vorbildlich
ift. Wir fühlen ihn in der Geftaltungder
Arbeiter-Wohnhäuf er (Abb.S. 29), in dem trefflichen
Doppel-V\ ohnhaus des Schultheißen und
Lehrers (Entwurf Eitel, Abb. S. 28), in einem
hoehgiebeligen A\ alTerkrafthaus ufw.
Der Blick auf das lieblich gelagerte Dorf (Abb.
S. 31) zeigt uns rechts oben eine Reihe von Beamten
-VN ohnhäufern der Papierfabrik, die
Eisenlohr bereits vor zwanzig Jahren der Umgebung
glücklich anzupaflen wußte.
\\ ir lind am Ende unferer Betrachtung. Sie
zeigt uns, wie künftleriIcher \\ ille und Takt,
gepaart mit großzügiger Entfeh hiß kraft auch
da ein vorbildliches Ganzes zu fchaffen vermögen
, wo technische und örtliche Schwierigkeiten
dem entgegenitehen. Ja, wie gerade diefe
Schwierigkeiten bei ernfter Zufammenarbeit zu
bef onders wertvollen und eigenartigen Lotungen
führen können. Freilich, die oft zitierte „anftän
dige Baugelinnung" allein tuts nicht. Erft wenn
die entfprechende Bauherren-Gefimmng ihr die
Möglichkeit zur Entfaltung gibt, könnenW erke
entftehen, die befruchtend weiterzuw irken das
Anrecht haben. Und fo ift es letzten Endes hier
wie überall auf der Welt die Per fönlich keil,
das „höchfte Glück der Erdenkinder", die den
Ausfchlag gibt! Bruno May, Stuttgart
Dekorative Kunst. XXVIII. I. Oktober 1924
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