Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 52. Band.1925
Seite: 80
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_52_1925/0102
NEUE KUNSTLITERATUR

A. L. Hethei'ington, Chine fifc he Frühkeramik
. Überfetzt von Dr. R. E. Junkelmann.
Leipzig 1923, Karl W. Hierfemann.
Das Intereffe der Chinafammler hat lieh in
den letzten Jahren immer mehr den frühen
Erzeugniffen aus der Han-, T'ang- und Sung-
zeit zugewendet. Gerade für das fein organifierte,
für edelfte Formen und köftliche Glafuren empfängliche
Sammlerauge haben die Werke der
Frühkeramik auch ganz entfehieden viel größere
Reize als das eigentliche Porzellan der Ming-
und Ch'ing-Dynaftien, deffen ftarke dekorative
Eigenfchaften dem Durchfchnittsauge ficherlich
viel mehr imponieren als die unfeheinbaren
Töpfereien der frühen Perioden, die vor jenen
aber den Vorzug einer abfolut individuellen
Prägung voraushaben, die höchfte Schönheiten
aus dem fchlichten, keramifch meifterhaft behandelten
Material herauszulocken verftanden
hat. Auch die wiffenfehaftliche Forfchung hat
fich mit Eifer auf dies Gebiet — vor einem
Menfchenalter noch eine völlige terra incognita
— geworfen, und in den letzten zehn Jahren
ift eine ganze Reihe wichtiger, grundlegender
Werke, befonders von englifchen und deutfehen
Autoren, erfchienen, die fich mehr oder weniger
fpeziell mit der chinefifchen Frühkeramik be-
fchäftigen. Den beiden, die gefamte Chinakeramik
umfaffenden Werken von Ernft Zimmermann
(1913; zweite erweitere Auflage 1923)
und von R. L. Hobfon (1915) find in der
allerletzten Zeit zwei Rücher gefolgt, die fich
lediglich mit den Töpferwaren der Frühzeit
befaffen. Das eine, „Chinefifche Frühkeramik",
aus der Feder des feinfinnigen Dr. Oscar Rücker-
Embden, erfchien 1922 im Verlag von Karl
W. Hierfemann (Leipzig), das andere, „The early
ceramic wares of China" von A. L. Hethering-
ton, im gleichen Jahr in London. Das Jahr 1923
brachte uns bereits diezweite Auflage des Ruches
von Rücker -Embden fowie eine Überfetzung
des Werkes von Hetherington — ebenfalls
im Verlag Hierfemann — unter dem gleichen
Titel „Chinefifche Frühkeramik". Es wirft ein
klares Licht auf das ftarke Redürfnis weiter
Kreife nach Literatur über dies neu erfchloffene
Gebiet, daß es der rührige Verlag wagen konnte,
zwei umfangreiche, ausgezeichnet illuftrierte
Rände über dasfelbe Thema faft gleichzeitig
herauszubringen. Das wiffenfehaftlich tiefer
fchürfende Ruch ift ficherlich das von Rücker-
Embden, der mit fchärffter Kritik die bisherigen
und eigene neue Forfchungsergebniffe verarbeitet
. Hetheringtons Ruch ftützt fich mehr
auf die Schultern feiner englifchen und ameri-
kanifchen Vorgänger; es faßt die Kenntniffe,

die fich bis jetzt über die Materie angefammelt
haben, in fehr anfprechender, manchmal etwas
weit ausholender Weife zufammen; es gibt
jedenfalls einen ausgezeichneten Überblick über
das, was wir von der keramifchen Produktion
Chinas in jener frühen Zeit von der Han-Dy-
naftie (206 v. Chr. bis 221 nach Chr.) bis zum
Ende der Yüan-Dynaftie (1368 n. Chr.) wiffen
oder zu wiffen meinen. Denn vieles trägt zugegebenermaßen
noch einen hypothetifchen
Charakter. Im großen ganzen aber ift es heute
doch fchon möglich, fich ein klares Rild von
jenen köftlichen Töpfereien zu machen; von
den kräftig geformten und glafierten Gefäßen
der Han-Zeit, von den technifch und ftiliftifch
mannigfaltigen Arbeiten der T'ang-Dynaftie und
ihrer prachtvollen. dem Totenkult dienenden
Plaftik, fowie endlich von den keramifchen
Meifterwerken der Sung- und Yüan-Perioden.
Auf Einzelheiten, befonders auf gewiffe, von
Rücker-Embdens Meinung abweichende Auffaf-
fungen kann hier nicht näher eingegangen werden
; hingewiefen fei nur noch auf die ausgezeichnete
Illuftrierung durch 100 Abbildungen,
von denen 12 bunte den farbig unerhörten Reiz vor
allem der verfchiedenen Sung-Spezialitäten fehr
gut veranfehaulichen. Die Abbildungen ftammen
durchweg aus den reichen und gewählten englifchen
Privatfammlungen. Gerahmt wird die
Darftellung der eigentlichen Keramik von einigen
inftruktiven Kapiteln über die Gefchichte und
die Regräbnisbräuche jener Zeiten, über Marken
und Infchriften, über die Ausfprache chinefi-
fcher Namen fowie von einem Gloffar chine-
fifcher Ausdrücke. L. R. Hobfon, der Leiter der
keramifch-ethnographifchen Abteilung des Rri-
tifchen Mufeums, zugleich wohl der befte lebende
Kenner der chinefifchen Keramik überhaupt,
hat dem Werke eine kluge Einleitung mit auf
den Weg gegeben.

Leider aber hat der Verlag dem englifchen Autor
des Ruches einen fehr fchlechten Dienft erwiefen
durch die Wahl des Überfetzers. Eine gute Überfetzung
muß Gefühl für die Sprache erkennen
laffen. Sie muß zeigen, daß der Überfetzer eben-
fo die Sprache des Originals beherrfcht wie auch
die Sprache, in die er das Ruch überträgt. Reides
ift hier abfolut nicht der Fall. Die deutfehe Sprache
wird furchtbar mißhandelt —, fchon die drei
Seiten der Vorrede können einen Lefer, der Wert
auf ein gutes, nein, nur auf ein richtiges Deutfch
legt, von der weiteren Lektüre abfehrecken. Und
finnftörende Fehler in großer Menge zeigen, daß
der Überfetzer auf dem keramifchen Gebiet
ebenfo mangelhaft bewandert ift wie auf dem
der englifchen Sprache. Der Wert des Buches
felbft aber kann dadurch nicht gefchmälert
werden. Robert Schmidt

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