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BRUNO PAUL-BERLIN GERSON-RÄUME. BÜFETT
WOHNRÄUME FÜR DIE FIRMA HERRMANN GERSON IN BERLIN
VON BRUNO PAUL
Ein altes Scherzwort meint, daß im Leben
eines Mannes die mit fo viel verbindlicher
Schmeichelei behängten „bellen Jahre" eben
dann anfangen, wenn — die guten Jahre aufgehört
haben. Das mag wohl zumeift feine Rieh
ligkeit haben. Bei Bruno Paul aber ftimmt es
nicht. Als er z11 Beginn des Jahres 19a4 (am 19. Januar
) das erfte Halbjahrhundert feines Lebens
abfehloß, konnten dem jugendlich - fchlanken
Fünfziger nicht nur leine perfönlichen Freunde,
die Verehrer weiblichen Gefchlechts miteinge-
fchloflen, fondern auch die Stimmen der Kolle-
genfehaft, der Kunftfreunde und der Kritik ehrlich
bezeugen, daß fic gerade die gegenwärtige
Zeit des Menfchen wie des Künftlers Bruno Paul
im cigcntlichfteii Sinne für feine beften Jahre
hallen. Denn niemals zuvor hat fich feine
fehöpferifche Geftaltungskraft, fein erfindender
Kunfthandwerksgeift, fein Gefchmack und der
technifche Griff* feiner Hand fo reif und zugleich
fo lebendig-frifch offenbart wie in den jüngften
Arbeiten feiner Werkitatt.
Gerade zur rechten Zeit Rollt lieh jetzt ein Dokument
diefer aus dem vollen fchöpfenden
Wirkfamkeit ein: Die Serie zufammenhängen-
der Wobnräume, die Paul für die Firma Herrmann
Gerfon in Herlin gefchaffeu hat, und deren
Ausftellung im Möbel- und Teppich haus des
rühmlich bekannten Weltgefchäfts bei ihrer
Eröffnung Mitte Mai eine nachträgliche Huldigung
des kunftfreundlichen Berliner Publikums
und der beamteten Kunftwelt zum fünfzigften
Geburtstage des lieben Meifters mit fich brachte.
In der Tat, diefe Wohnung zieht das Fazit aus
Bruno Pauls langjährigerTätigkeit auf dem Felde
der Innenarchitektur und des edlen Gewerbes.
Umfomehr als dies Werk in der forgfamen
Arbeit eines Jahrzehnts reifte. Seine Anfänge
zeigten fich bereits im „Gelben Haufe" der Kölner
Werkbund Vusftellung von igi4, die durch
den Ausbruch des großen Völkergewitters ein
fo jähes Ende nahm. Was jedoch damals noch
nicht zum Abfchluß gebracht war, konnte fich
in der Epoche der Unruhe und Verwirrung, die
Dekorative Kunst. XXVIII. 4. Januar 1925
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