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ARCH. B.D.A. PROF. C. JÄGER UND P. BIRKENHOLZ
LANDHAUS GRAF LARISCH. AUS DER BIBLIOTHEK
fene und gegründete Städte in dem vorhin dargelegten
Sinne nicht vollkommen mit dem ge-
Ichichtlichen Vorgang. Solche Städte, die unter
dem Einfluß eines Schutzherrn entftanden, lind
ohne Zweifel den gegründelen zuzurechnen,
nicht aber immer den regelmäßigen. Auch
Stadterweiterungen des fpäten Mittelalters und
der Renaiffance lind, obwohl he dem modern
exakten Sinn des Regelmäßigen nicht entfpre-
chen, durchaus als gegründete Slädte anzufpre-
chen; ich erinnere an Stuttgart, Rothenburg u. a.
Trotzdem möchte ich hier die, wie ich Tagte,
geläufige Vorftellung beibehalten und gegründet
mit regelmäßig, gewachfen mit unregelmäßig
zunächft auf eine Stufe fetzen. Die Unter-
Jcheidung von gegründeten und gewachsenen
Städten in der üblichen AuffalFung ift ficher
nicht unvorteilhaf t für den Zweck, der hier zu
verfolgen ift, nämlich Klarheit zu gewinnen darüber
, in welchem Umfang Frühere Formen des
Städtebaus nun als Vorbild von Wert fein können
; fetzten Endes ob derartiges überhaupt möglich
ift.
Um aber die Phyfiognomie der Stadt noch näher
kennen zu lernen, wäre es faifch, nur bei der
Art der Entlieh ung, die lieh im Grundriß am
klarften ausdrückt, hängen zu bleiben. Betrachten
wir den Aufriß, Körper und Räume, fo tritt
jene Unterfcheidung der regelmäßigen von der
unregelmäßigen of t zurück hinter Stärkeren Eindrücken
. Eine Stadt am Inn z. B. (Neu-Otting,
Mühldorf), eine von jenen einzelligen Gebilden
mit dem langgeftreckten Markt, der fozufagen
die ganze Stadt darftellt, mit ihren breiten ge-
radlinigabfchließenden, da clnofen Hausfalladen,
trägt einegrundverfchiedenePhyßognomiefchon
gegenüber einer Ifarftadt oder gar etwa einer
fchwäbifchen oder fränkifchen Fachwerkftadt
mit fchmalen, überhängenden Giebelhäufern.
Eine andere Anfchauung gewinnen wir wieder
von Städten, die in fozialer Schichtung Itark
verfchieden ßnd: hier eine Stadt mit kaftenför-
migen Großmiethäufern (Wien, Salzburg), dort
eine wei träumig und niedrig bebaute Stadt mit
Einfamilienhäufern (Lübeck), eine Unterfcheidung
, die auch innerhalb eines Stadtraums wahrgenommen
werden kann und dann fchon darauf
hinweift, daß ein fo zufammengefetzter
Organismus, wie eine große Stadt es ift, nicht
mehr in dem Sinne eine künftlerilche Einheit
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