Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 52. Band.1925
Seite: 196
(PDF, 78 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_52_1925/0236
Tischhöhe liochgezogenen Nußbaumsockel Füllungen
und Rahmen mit Einlagen aus Kirschbaum
-Wurzelmaser, mit Nußbaumprofil und
Kirschbaumleisten. Auf dem Holzwerk sitzt
das blendende Metall der Wandarme mit ihren
Lichtträgern, Glasgehängen und Seidenschir-
men. In der Achse der Freitreppe deckt die
Wand ein großes Bild, das Alfred Hagel malte,
ein,, Jägerpicknick". Die Füllungen wechseln mit
schmalen Spiegeln, vor die passende Kommoden
gesetzt sind. Landschaftsbilder von Wilhelm
Schulz erfüllen in diesem Raum als Stimmungsträger
gleichfalls eine bedeutsame Aufgabe
. Die Decke ist auch wie unten weiß gehalten
. Ebenso bleiben Teppich, Lederstuhl und
Klubsessel. So wird nicht nur rein architektonisch
, sondern auch gefühlsmäßig die Bin-
dungbeider Teile des Weinrestaurants erreichl:
durch die Betonimg der Gegensätze, die sich
hier gegenseitig bedingen und gegenseitig ergänzen
.

Wenn wir schon in den Weinstuben selbst das
Recht haben, von Kabinettkunst zu sprechen,
so wird uns diese Bewertung noch wesentlich
näher gelegt in den beiden kleineren Gesellschafts
-Zimmern, im „Lloyd-Zimmer" und im
„Grünen Salon". Das „Lloyd-Zimmer" — die
geschnitzte Eichentüre Wackerles zeigt das
Lloyd-Wappen — kann nur wenige Gäste
aufnehmen und wird daher stets den Charakter
des Privatzimmers tragen. Troost sorgte zunächst
für das Wohnliche und Behagliche, indem
er sich für seine Raumstimmung die Unterstützung
des Möbels sicherte, das nach seiner
ganzen Art die Benützung durch einen engeren
Kreis von Bekannten voraussetzt: das Ecksofa.
Er rückte den runden Tisch in die Ecke, zog
das Sofa an beiden Seiten breit heraus und schrägte
die Ecke selbst so weit ab, daß Sitz und Lehne
ihre schwellende Fülle behielten. Die Anklänge
an die anderen Räume brachte rein äußerlich
die Verwendung des gleichen Bezugsstoffes und
ähnlichen Bodenbelags. Dann aber die gesellschaftliche
Haltung der hellen Eichenholzvertäfelung
und der vornehme Einschlag, den die
beiden farbenprächtigen malerisch ausgezeichneten
Bilder Eduard Thönys und die kostbare
Bronze Wackeries dem Zimmer geben.
Der „Grüne Salon" ist neutraler. Er bietet Platz
genug, sich an der in der Längsachse aufgestellten
Tafel bei besonderen Gelegenheiten in größerer
Gesellschaft zusammenzufinden. Doch
bleibt auch hier der Privat-Charakter vorherrschend
. Die Wände sind wieder in Schleiflack
behandelt, in hellem Grün; die ausgerundeten
Ecken tragen auf violettem Grund die spielenden
Ranken, und über der Tür grüßt als lebensvoller
Schmuck eine Supraporte, die traubengefüllte
Schale mit den Thyrsos-Stäben. Seine
persönliche Note erhält der „ Grüne Salon" durch
die beiden eingelegten Schränke an den Schmalseiten
, durch die mit blumigen Seidenkissen ausgelegten
Rohrsessel in den Ecken, durch zwei
in äußerst geschmackvoller und kultivierter Far-
bengebung gehaltene Stilleben von Julius Heß
und durch zwei Aquarelle aus der „Fledermaus"
von Alfred Hagel.

Will man die künstlerische Leistung, die aus
den neuen Räumen der Bremer Jacobi-Halle
spricht, ganz würdigen, so darf man das eine
nicht vergessen: daß diese Räume immer nur
der Rahmen sind, in dem sich das Leben abspielt
, daß vom Augenblick der Eröffnung ab
die Staff age zur Hauptsache wird und die künstlerische
Schöpfung zum Hintergrund. Auch das
mußte der Architekt in Rechnung ziehen, seine
Wirkungsskala danach einrichten. Man ist hier
im Norden in Dingen der Kleidung wie im Ausdruck
der Stimmung nicht so farbenprächtig
eingestellt wie im südlichen Deutschland; aber
man besitzt ein sehr empfindsames Einfühlungsvermögen
. Daß Professor Paul Ludwig Troost
sein Publikum zujener festlichen Gebärde drängt,
die er farbig und als Stimmung für seinen dekorativen
Gestaltungswillen braucht, ist nicht der
geringste Teil seiner künstlerischen Schöpfung.

Robert Kain-Bremen

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