http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_52_1925/0312
einer stämmigen Strebe; das geschmeidige Dach
gibt ihm eine fast behagliche Krönung, die sich
im luftigen Glockengestühl leicht schließt. Von
der nördlichen Seite her drängen sich die Formen
gipfelig zusammen und wahren bei aller
malerischen Verschiebung ihre klare Gliederung.
Von der südlichen mid westlichen Ansicht her
spannt eine gedrungene Mauer das Plateau mit der
Kapelle in lebhaft bewegtem Umriß zusammen,
schafft einen heiligen Bezirk, eine Stätte weihevoller
Einsamkeit im Gebete und versenkeri-
schen Verkehr mit der Wechsel vollen Natur: in
der nächsten Nähe ersteht aus dem herben Gelände
mahnender Ernst. Froher gleitet der
JBlick über das weite Tal mit dem geschäftigen
Treiben des Alltags, um im gegenüberliegenden
Massiv des Kaisers sich darüber zu erheben, vom
ragenden Kreuz in die Unendlichkeit verwiesen.
So gewinnend das Werk in seiner Erscheinung
, so stark in seiner vielfältigen Stimmung,
muß doch zur größeren Ehre des Künstlers
gesagt werden, daß er es noch wirksamer gedacht
: die Spannung der Ostwand sollte sich
noch mehr runden, zugunsten des Hauptbaues
der Vorbau niedriger, dessen Dachlinie
zügiger werden, der 2. Eingang in der Hauptachse
liegen. ^ ohlmeinende Eigenbrötelei der
Handwerker und Mitschaffenden hat dies verhindert
, wie sich auch im Innern die Absichten
des Erbauers nicht rein erfüllen konnten. Indem
wir dies feststellen, wollen wir die Reiter, die so
viel persönliche und sachliche 0]:>fer für ihre
Kriegerkajoelle gebracht, die in einer wahrhaft
erhebenden Feier sie eingeweiht, nicht verdrießlich
machen, wohl aber mahnen, daß sie bei der
durch die Ungunst der Witterung notwendigen
Erneuerung des Inneren hiefür dem Architekten
freie Hand lassen müssen.
Mehr als die neuzeitliche Pfarrkirche und ihr
Turm ist diese schlichte Kapelle ein Schmuck
und charakteristisches Wahrzeichen von Dorf
und Tal, das jeden Fremden erfreut und die
Einheimischen mit stolzer Genugtuung erfüllen
darf. prof. j. Popp
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