Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 9
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W. TRAUTSCHOLD

ZWEI MÄDCHENKÖPFE

GOETHES „PATRIOTISCHE FEUERCHEN
AUF DEN HÖHEN DES RHEINGAUES

In dem Briefwechsel Goethes mit Sulpiz Bois-
seree findet sich unter dem 23. Oktober 1816
eine Stelle, die wunderlich erweise die Aufmerksamkeit
der Goethe-Biographen nicht erregt hat,
obgleich sie eine wichtige Episode in Goethes
Leben und Schaffen in eine überraschende Beleuchtung
rückt. Goethe schreibt da: „Und so
müßte es nicht mit rechten Dingen zugehen,
wenn unsere patriotischen Feuerchen, die wir
auf so viel Bergen und Hügeln des Rheins und
Mains anzünden, nicht auch patriotische Gesinnungen
erregen und glücklich fortwirken
sollten."

Was sind das für „patriotische Feuerchen"?
Und wie kommt es, daß Goethe, von dem das
allgemeine Urteil alles andere eher erwartet als
ein Bekenntnis zum Patriotismus, es einen „löblichen
Zweck" nennt, patriotische Gesinnungen
zu erregen und daß er selbst alles zu tun
scheint, solch löblichem Zweck zu dienen?
Es handelt sich um die Ausführung eines Gedankens
, den Goethe in der müden Zeit nach

dem Wiener Kongreß, ja vielleicht schon in
den trüben Jahren, die den Freiheitskriegen vorausgingen
, gefaßt hatte und von dem er überzeugt
war, daß er seine Deutschen damit über
tote Zeiten hinwegbringen könnte. Goethe war
stets überzeugt gewesen, daß dem deutschen
Volke nichts so notwendig sei als eine Vertiefung
seiner künstlerischen Kultur. In jüngeren
Jahren, damals als er von Italien zurückgekehrt
war, hatte er geglaubt, ein tiefer Trunk
aus dem Götterquell antiker Kunst sei den Deutschen
vonnöten. Jetzt aber sah er ein, daß den
Deutschen in erster Linie das Verständnis für
die deutsche Kunst erschlossen werden müßte;
„Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb
es, um es zu besitzen!"

Gerade angesichts der Resignation, die sich in
Deutschland auszubreiten begann, als sich erwies
, daß alle Träume und Hoffnungen auf
eine bessere politische Zukunft nach den Freiheitskriegen
zu Wasser wurden, ging Goethe
mit dem größten Eifer daran, den Sinn für

Die Kunst für Alle. XXXXI.

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