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C. L. FAHRBACH
BLICK AUF DAS HEIDELBERGER SCHLOSS
deutsche Kunst und deutsche Kultur zu wecken
und zu stärken. Man muß dafür sorgen, daß
„der Geist nicht verkümmert, sondern frisch und
heiter bleibt, damit er nicht verzagt, nicht kleinmütig
wird, sondern fähig bleibt zu jeglicher
großen Tat, wenn der Tag des Ruhmes anbricht
" , so hatte Goethe zu .Luden gesagt, als
der ihn zum Mitarbeiter für ein patriotisches
Journal werben wollte. Und er beschloß daher,
eine Reise in die kunstfreudigsten deutschen
Provinzen, in die Landschaften am Rhein, Main
und Neckar zu machen, um dort die Anregungen
zu holen, die er für seine Deutschen
brauchte: von dort her sollten die „patriotischen
Feuerchen" in alles deutsche Land leuchten!
Das Ergebnis dieser Reise liegt vor in einem
Promemoria für die Regierungen aller deutscher
Länder und in drei für das breite Publikum
berechneten Heften, die er unter dem Titel
„Die Kunstschätze am Rhein, Main und Neckar
i8i4 und 1815" in seiner neuen Zeitschrift
„Aus Kunst und Altertum" heraussah.
Den Regierungen legt er ans Herz, dafür zu
sorgen, daß die von Napoleon geraubten Schätze
wieder dorthin gelangten, von wo sie entführt
worden, fügt aber den Rat hinzu, „den Uberfluß
der Residenzen in die Provinzstädte zu
verteilen". Er meint: „nur kleine Staaten tun
wohl, ihre mäßigen Schätze beisammen aufzubewahren
, große können ihren Kunstreichtum
nicht weit genug umherstreuen." So hofft er
durch zahlreiche Kanäle den deutschen Kulturboden
zu verbessern.
Den eigentlichen Volksgenossen gegenüber aber
betont er die Notwendigkeit, überall den künstlerischen
Heimatsinn zu pflegen, ohne doch das
Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vernachlässigen
. Jedes der drei Hefte zeigt in zahllosen
Abwandlungen, wie er das meint. Immer
wieder lehrt er im Anschluß an rheinische Beobachtungen
, wie verschieden die Wege sein
können, die zu dem gleichenDoppelziele führen:
den Heimatsinn zu stärken und das Niveau der
allgemeinen deutschen Kultur zu heben.
Goethe lag die Wirkung dieser Hefte so sehr
am Herzen, daß er — ganz gegen seine Gewohnheit
— eine eingehende Selbstanzeige noch
vor ihrem Erscheinen im „Morgenblatt" veröffentlichte
, um das allgemeine Interesse für sie
zu erwecken. Als man ihm aus Nürnberg mel-
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