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HANS BRÜHLMANN
GROSSES FIGURENBILD
sinn, den seine Technik schon mit Händen greifen
läßt, Buris besinnlich bäuerliche Gelassenheit
entstammen ganz der schweizerischen
Atmosphäre, die heute wie damals dem originalen
Menschen günstig ist. Welli, der Böck-
linschüler, ist viel eher in Deutschland denkbar,
denn auch dort — niemals in Frankreich —
drückt Gedankenreichtum sich oft in naiver
Sprache aus. Vallet und der frühe Boss sind
weitere Trabanten dieses „schweizerischen"
Kerns der Schweizer Kunst, wenngleich mehr
in dem Sinn illustrativer Auffassung lokaler
Eigenart.
Mit allem Recht behaupten daher Bilder dieser
Gruppe den wohlgestalteten achteckigen Eingangsraum
der Ausstellung, für den sie ohnehin
durch die kräftige Farbigkeit ihrer großen
Formate sich am meisten eigneten; es sind Fanfaren
, die ein Orchester übertönen. Hodler, der
mit den Bildern seiner Jugendentwicklung seit
1878 eine Wand des großen Nebensaales, und
mit kleinen Formaten jeder Zeit und Technik
ein ausgezeichnetes Kabinelt und dessen Umgebimg
einnimmt, gilt vielen als Höhepunkt der
Ausstellung. Zu sehen, wie sehr er schon in den
frühesten Bildern er selbst war — denn enthält
nicht schon die strenge Komposition des frühesten
Mädchenbildes, die betonte Linienhaftigkeit
seiner Hände, die Notwendigkeiten jeder späteren
Entwicklung? — wie weltenfern er schon
damals von dem feinen, dem bezaubernden Menn
gewesen ist, der doch sein Lehrer war, wie jedes
Bild errungene Erkenntnis ist, aus Gesichten
geschaffen, die ihn in der Einsamkeit überwältigten
,ist lief bedeutsam. Die Vergleich smögli ch-
keit überhaupt, die die Ausstellung wie noch
keine andere ermöglicht, läßt gerade Flodlers
Gestalt immer abgerückter und unbedingter,
immer einziger erscheinen. Was spätere Künstler
, was der Expressionismus von ihm gewinnen
konnte, war außer ein paar darstellerischen Rezepten
eins: der Mut zu einem Ich, wie unge-
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