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LEON BAKST
VIGNETTE
LEON BÄK ST UND DAS THEATER
Als Bakst, um die Wende dieses Jahres, heim-
gegangen war, er, der Fremde, künsl lerisch,
gesellschaftlich, wirtschaftlich ein Angelangter,
ein großer Herr, — ein Schicksal, das nur sehr,
sehr wenigen in Paris beschieden war — da war
dieser Glückliche, Verankerte, Gefestigte nichts
mehr als eine kunsthistorisch feststehende Formel
, eine Berühmtheit, ein Arrivierter. Und das
heißt ein Überwundener.
Äußerlich genommen und, wollte man Schlagworten
trauen, läge der Fall höchst einfach:
Bakst, aus dem Petersburger Kreise des ,,Mir
Iskusstwa" hervorgegangen (der eine analoge
Erscheinung zu den französischen Impressionisten
sein wollte), betrachtete das Bühnenbild
als impressionistisches Gemälde, die Akteure als
Farbenflecke, die dieses Gemälde belebten, hierher
hineinpaßten, es ergänzten. Wobei er, ein
großer Könner und Kenner, stets Graphiker
blieb, seine Kostüme an einem Ubermaß an
graphischem Ornament, ethnographischem Detail
litten. Dahingegen ist für den modernen
Bühnenkünstler die Bühne nichts als Raum,
Raum, Raum. Und die Akteure sind nichts als
architektonische Gebilde, die besagten Raum
„gliedern".
Nun, so einfach wie ein Schlagwort liegt zum
Glück die Erscheinung Bakst nicht. Vor allen
Dingen — er war ja gar kein Impressionist, und
Schlagwörter hatte er keine, noch kannte er
solche. Und hat man keine Schlagwort er, arbeitet
nach keinen ausgegebenen Parolen und ist ein
Kerl dazu, so wird man nicht so ohne weiteres
durch ein neues Schlagwort überwunden und
erledigt. Und Bakst war ein Kerl. Eine gesund
sinnliche Natur und eben eine Natur, wie aus
einer allen Gilde des Kunsthandwerks stammend
und voll heißen Herzens in das Handwerk verliebt
. Nicht die Zeit, nicht die Mode, nicht die
Nachfrage nach Konjunktur trieb ihn zum
Theater. Er hat ja das TheaIer erst geschaffen
Nicht das Theater hat ihn ffeschaffen.
Als vor etwa zwanzig Jahren das damals kaiserliche
Marientheater Bakst den Auftrag erteilte,
für Beyers „Puppenfee" die Bühnenausstattung
zu schaffen, vollbrachte er eine Tat, die nach
Die Kunst für Alle. XXXXI. 2. — November 1925
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