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J. J. STRÜDT
BLICK VOM STIFT NEUBURG AUF DAS NECKARTAL
Landesmuseum, Darmstadt
cessionen. Junge deutsche Künstler gehen nach
Rom, um dort die neue Kunst, die Kunst der
neuen Weltauffassung und -empfindung, ins
Bild zu formen. P. Cornelius, W. v. Schadow,
Fr. Overbeck u. a., unter ihnen bald auch C. Fohr,
schließen in Rom die Brüderschaft S. Isidoro,
späterhin spöttisch „die Nazarener" genannt.
I. D. Passavant aus Frankfurt, der literarische
Flerold dieser jungen, weltentfernten Künstlergruppe
, sagt von ihrem Ideal: „Nicht zum bloßen
Spiel werk und zum Kitzel der Sinne soll die Kunst
mehr angewendet werden, nicht bloß zur Ergötzung
und Prachtliebe geehrter Fürsten oder
schätzenswerter Privatpersonen, sondern hauptsächlich
zur Verherrlichung eines öffentlichen
Lebens. Soll dieses würdig geschehen, so muß
ein ernster hoher Sinn aus dem Kunstwerk
sprechen, auf daß er den besseren Teil des Volkes
ergreife und ihn bestärke in den Gesinnungen,
welche außer dem Kreise des Privatlebens ein
allgemeines volkstümliches Interesse erregen."
Diese einsam, im fremden Land strebenden
Künstler hatten also ethische Ziele für ihre Kunst
im Auge, die sie teils im Figuralwerk ihrer Kompositionen
, teils in einer neuen Auffassung der
Landschaft zu erringen suchten. C. Fohr folgte
der letzteren Wegweisung. Seine hervorragende
urtümliche Begabung äußerte sich schon sehr
früh und entschieden. Geboren als der älteste
Sohn des reformierten Sprachlehrers Jakob Fohr
am 26. November 1795 zu Heidelberg, genoß
er seine erste künstlerische Unterweisung bei
dem älteren (Friedr.) Rottmann und erregt als
15 jähriger Knabe durch seine Leistungen so sehr
das Interesse G. W. Issels, des originellen Künstlers
, daß sich dieser am Darmstädter Hof für
ihn einsetzt, ihm dort Aufenthalt und Stipendien
der Groß- und Erbprinzessin Wilhelmine, Prinzeß
vonBaden, erwirkt, womit die fernere Lebensbahn
Fohrs gesichert ist. Sein fleißiges und allen
künstlerisch eingestellten Persönlichkeiten imponierendes
Arbeiten bringt Aufträge und
Freundschaften wertvoller Art, so daß Fohr 1815,
wohlversorgt mit Geldmitteln, die Münchner
Akademie beziehen kann. Vorher hatte Fohr
noch auf Wunsch seiner Gönnerin die romantischen
Gegenden des mittleren Schwarzwalds
besucht und mit großem Geschick in zahlreichen
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