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OTTO DIX
B1LDJNIS DER FRAU EY
Es ist Zorn im Gelächter; Zorn wider den
Stumpfsinn, das Faulige und Muffige, den Dunkel
der Morschheit. Man hört splittern, knicken,
brechen, Sloß und Schlag.
Ein heulendes Weltgerichtstamtam.
Den Auftakt gibt der große Radierzyklus „Der
Krieg" (Verlag K. Nierendorf, Berlin). Das
Furchtbarste, was seit Goya gemacht worden ist.
Entsetzlichstes Dokument der Korruption.
Untergangsdrama. Krachen. Schreie. Fliegende
Trümmer. Menschen in Fetzen. Körper, an denen
Fleisch und Bekleidung nur mehr eine wirre
Masse von Wunden, Löchern und Lumpen bilden
. Gesichter, deren eine Hälfte der Mörder
Tod zerschmettert hat, während die andre in
furchtbarem Ausdruck von Qual, Entsetzen,
Angst und Anklage das „schöne" Leben noch
weiter lebt. Bomben, Greuel des Stacheldrahts.
Alle Gräßlichkeiten maschineller Erfindung in
ihrer Höchstsleigerung als Zerstörungsorgan.
Triumph der Masch ine, das Leben zu Vernich I en.
Haupt um Haupt voll Blut und Wunden. Menschentrümmer
. Zerkrümmelle Häuser. Tierkadaver
. Endlich nach allen Schlag auf Schlag
geballten Furchtbarkeiten als tiefstes Stöhnen
des Jammers ein Feld voll Granat trichtern: keine
Leichen, nichts wimmerndes Lebendiges, nichts
als die aufgerissene Brust der armen Erde....
Das Schreckliche, das Entsetzliche, das unausdenkbar
Häßliche und Gräßliche irrsinnigen
Vernichtungswütens wird noch einmal, in ein
Bild zusammengefaßt, in dem großen „Krieg"
dargestellt, den das Kölner Museum zu kaufen
wagte. Wagnis unter dem Donner der Geschütze
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