http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_53_1926/0175
FRITZ HEUBNERS MONATSBILDER
Den „Tanz der Hören", den Wechsel der
Jahreszeiten, die Monate mit ihren zeit-
gegehenen Attributen, malerisch oder graphisch
darzustellen, ist eine Aufgabe, die schon viele
Künstler gelockt und gereizt hat und die in den
mannigfaltigsten guten Lösungen vorliegt. Den
„Kalender", das volkstümlichste und älteste
Hausbuch, hat jeder warmherzige, innerlich empfindende
Künstler gern illustriert und von den
altdeutschen Miniaturisten und Illuminatoren
bis zu Ludwig Richter, Otto Hupp und Hans
Thoma haben wir zahlreiche Kalender-Zeichner
und Darsteller der Monatsbilder in mannigfaltigen
charakteristischen Erscheinungsformen.
Fritz Heubner tritt mit seinen radierten zwölf
Monatsbildern bedeutsam in diese Reihe ein.
Er trägt ein neues Element hinzu, denn er will
nicht „behaglich" schlechthin sein, erhängt auch
nicht an dem astrologischen Beiwerk, wie man
es im Zusammenhang mit den Monatsbildern
oft findet, verzichtet auf die Tierkreiszeichen
und auf alle naheliegende und darum so billige
Symbolik. Er tut einen vollen GrilF ins Leben
und übersetzt, was er erschaut, in einer sehr anmutigen
und echt künstlerischen Art und Weise
ins Graphische. Bekanntlich war Heubner jahrelang
als Plakatkünstler und als Schöpfer von Re-
klamegraphik tätig. Man sollte annehmen, von
der etwas breiten und lauten, bunten und nachdrücklichen
Art seines damaligen Schalfens sei
etwas in seine heutige Wirksamkeit, die auf
graphischem Gebiet vorzüglich der Radierung
gehört, übergegangen. Aber dem ist nicht so.
Heubner radiert außerordentlich zart und graziös
, und trägt diese Grazie und ßeschwingtheit
auch in der Wahl seines Stoffes, seiner Motive
zur Schau.
Seine Monatsbilder, sehr frei und locker behandelt
, zeigen niemals überfüllte Platten und sind
doch so überlegt komponiert undin ihrer Massen-
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