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GEORCx MÜLLER
KOPF EINER MULATTIN
GEORG MULLER
eorg Müllers W erk ist wesentlich formaler
T Art, rein plastisches Gestalten. Er teilt mit
Maillol die Freude am allseitig Runden und Abtastbaren
, an der Masse, in möglichst einfachen
Mo tiven. Nicht aber teilt er des Franzosen Vorliebe
für saftig schwellende Formen und Weichheit
, bevorzugt vielmehr das Feste, Kons truktive
im Kubischen schlechthin, dessen Schwere und
gebundene Kraft. So wählt Müller gern derartige
Körpertypen, während Maillol seine Modelle
unmittelbar aus der Wirklichkeit bezieht, aus
seiner Heimat Banyul. Das stattliche Volumen
und die gedrungenen Proportionen jener Bauersfrauen
haben wesentlich dessen plastisches Ideal
angeregt. Müller aber schafft nicht im Anschluß
an eine bestimmte Natur, er will vor allem
Plastik, und zwar möglichst dreidimensionale,
mit allen Rundungen und ihrer Auswirkung
schon in der Vorderansicht — und darnach bestimmt
sich seine Naturwahl.
Welche Entwicklung hat der Künstler bis zu
diesem Ziel durchgemacht, was wartet seiner
noch bis zu dessen endgültiger Bewältigung?
Gg. Müller ist am 23.Februar 1880 in München
geboren. Mit sechs Jahren kam er nach Chicago,
wo er später die Bildhauerei erlernte und ausübte
. Ein Auftrag für die Pariser Weltausstellung
1900 führte ihn dorthin. Flier erkannte er
schnell, daß für seine Weiterentwicklung der
Aufenthalt in Europa nötig sei. Nach kurzem
Besuch in ein paar deutschen Kunststädten entschloß
sich der Künstler für seine Vaterstadt
und bezog die Münchner Akademie; zuerst
Schüler von Rümann, dann von E. Kurz, arbeitete
er zuletzt im Atelier Halm.
Rümanns Realismus, der wesentlich im Akt und
anderen Naturgegenständen wurzelte, akademisch
gezähmt und mit theatralischer Geste her-
ausstaffiert — man denke nur an die bravenMena-
gerielöwen vor der Feldherrnhalle — wirkt noch
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