Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 154
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OSKAR KOKOSCHKA BILDNIS FRAU BESSY LOOS. 1908

Neue Galerie Otto Nirenstein, Wien I

schied. Aber in beiden Künstlern blieb dennoch
ein gemeinsames Element der Abkunft — eine
Liebe, die zwischen sinnlichen und metaphysischen
Sensationen, zwischen Erde und Himmel

— und Hölle ihre schwanke Heimat hat. Alles
geschieht, da wie dort, mit der Inbrunst des
Liebenden; aus jener großen erotischen Anonymität
, in der zuletzt alle hinreißenden oder bezaubernden
Taten heroischer Arme und alle
faszinierenden oder erschütternden Kunstgedanken
des Geistes zu Hause sind; aus jener großen
erotischen Anonymität, die keine Verantwortung
trägt noch kennt, sondern dranghaft aus sich
selbst handelt, dem Medium vergleichbar, ein
Medium des Unbekannten, des Irrationalen, aber
ganz gewiß Schöpferischen. Wir werden vergeblich
versuchen, solche Bilder aufzulösen. Sie
lassen sich nicht mit Argumenten fangen. Es
gibt zu ihnen hin nur ein Verhältnis: die Aufregung
— die ist, ohne sich verantworten zu
müssen. Auch der Empfangende solcher Bilder,
der Mensch des Publikums: er kann nur lieben

— oder allenfalls hassen, verabscheuen. Er tue,
wie er nach seinen Gesetzen muß. (Der schöpferische
Gott schalft in der Klarheit. Aber der

schöpferische Mensch schalft im Rausch: die
göttliche Klarheit berauscht ihn.)
Man wird in der Entwicklungsgeschichte Kokoschkas
bei näherem Zusehen auf Umstände
stoßen, die der in Kunst gebundenen Freiheit
des Erotischen förderlich gewesen sind. Wir
wissen: er ist ein geborener Österreicher. Osterreich
heißt als kunstgeschichtlicher Begriff, als
kulturelle Atmosphäre (ja als historisch-politisches
Phänomen): Barock. Barock heißt Liebe —
Liebe in allen Phasen des Sinnlichen, des Naturalistischen
, des Supranaturalistischen. Die
Geschmeidigkeit des Stucks, der das malerische
Element im Plastischen bedeutet, die Geschmeidigkeit
des Malerischen überhaupt, die ein Ak-
quisit des Barocks ist — sie ist ein Mittel der
Liebe, sich auszudrücken; das Flüssige, das Pastose
, das Aufrufend-Farbigc, das Nachgiebige
des Malerischen ist ein Element der Liebe. Kokoschka
hat Wien mit Dresden vertauscht, um
Dresden wieder mit Wien zu vertauschen; in
seinem Register fehlt allein das fränkische und
das oberba}-Trische Barock: was würde er gesagt
haben, wenn er die Schwelgereien von Vierzehnheiligen
und Ottobeuren gesehen hätte — und


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