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alfred partikel
finnische schären
ALFRED PARTIKEL
A Ifred Partikel ist 1888 in Ostpreußen gebo-
jLjLren wie der große tote Corinth, hat wie
jener an der Akademie in Königsberg und später
in München gearbeitet und ist schließlich nach
einem Landaufenthalt bei Oberweimar 1911
nach Berlin gezogen, wo er Mitglied der Seces-
sion wurde.
Für ihn wie für Corinth waren die Holländer
Lehrmeister. Aber wie dieser sich durch die
großen Flamen mit ihrem rauschenden Pathos
beeindrucken ließ, so zieht es den um eine
Generation Jüngeren zu den frühen Landschaftern
hin. Für jenen war eine Menschheit zum
Erlebnis geworden, die in einer Mischung von
Sinnenfreude und tragischer Gebärde das Ideal
der übersteigerten Kraft aus sich heraus stellte,
das man in sich selber verloren hatte. Partikel
hingegen zieht es mehr zu den Malern des ausgehenden
16. Jahrhunderts hin, die mit einem
Rest naiver Frömmigkeit sich liebevoll in die
große Perspektive der Natur vertieften, und die
ernüchtert waren von der Überschätzung des
Menschen in der vergangenen Renaissance und
noch nichts ahnten von dem transzendenten Pathos
des kommenden Barock.
Ostpi^eußen, diese Brücke nach Rußland mit
seinen flachen Ebenen und großen Horizonten,
überdacht von einem ungeheuren Himmel,
grenzt an das grenzenlose Meer. Uber die Steppen
weht ein nicht endender Wind. Die Symbole
der Unendlichkeit lagern schwer mit Größe
und Melancholie über den braungrünen Feldern
und den verstreuten Häusern. Verloren
in dieser Welt, hilflos und klein in dieser Grenzenlosigkeit
, s teht da der Mensch. Er ist kein
eingeordneter Teil in diesen gleichförmigen
Gefilden, er ist nicht wie ein Baum oder Strauch
der Landschaft verknüpft, — aber er steht ihr
auch nicht gegenüber als ein kraftvoller Gestalter
, als ein metaphysisches Zentrum, als ein
Ebenbild Gottes, das an Bedeutung die ganze
Umwelt aufwiegt, Schöpfer und Verwandler der
Die Kunst für Alle. XXXXI. 6
— Marz 1926
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