Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 190
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nover bis Göttingen stehend vierter Klaße gefahren
und nun über die beschneiten Berge her
drei Stunden mit Kind und Bündel zu Fuß gegangen
. Wie sie aufstand, das Kind in den
Mantel hüll te und in Schlaf schaukelte, bemerkte
ich zwei kleine, gut gebaute Füße. Dann gings
wohlgemuth wieder hinaus in die bitterkalte
Winternacht, noch anderthalb Stunden weit
zum Heimathdorf. Flerr meines Lebens! An der
Welt sitzt noch lange kein Ende!
Auch ich habe das vergangene Jahr befriedigt
abgeschloßen. Die „Abenteuer eines Junggesellen
" gehen noch beßer als die „Helene".
In diesen Tagen kommt bereits die vierte Auflage
.

München. 19.1. 1877.

Liebe Tante!
Zu einem ausführlichen Brief, den ich mir vorgenommen
, kann ich mich noch immer nicht
recht sammeln; man fetiert mich mehr als ich's
verdiene, und noch keinen Abend bin ich leider
so früh nach Hause gekommen, daß nicht der
Herr Portier bereits im tiefsten Schlummer gelegen
hätte. Heute Abend giebt Seitz Gesellschaft
. Morgen Abend ist Ball, wo denn der
neue Frack gar hübsch und gründlich eingewärmt
werden soll.

Bei Lenbach im Atelier gehts immer ein und
aus. Ich habe da unter Anderen auch Heise und
Siebold von allen Seiten besehen können. (Es
wird Otto interessieren, daß Siebold grade
Krebse aus dem Salzsee beobachtet, bei denen
Parthenogenesis nach weiblicher Richtung vorkommt
.) Wie's da nun mit der eigentlichen
Arbeit aussieht, das ahnen Sie wohl. Was ich
da hinschmiere, findet allerdings bei Bekannten
guten Absatz; zu dem was ich möchte, werde
ich aber wohl schwerlich kommen; denn wie
bei Ihnen im Pompejanum, so lassen sich auch
hier dienötigenModeuenichtguthereinschaffen.
Ateliers sind äußerst rar, nur ein paar ganz neue
feuchte wären zu haben, die man aber vermuth-
lich mit Gevatter Tod zu theilen hätte.
Gleich den ersten Tag traf ich zwei alte Bekannte
, die sehr spärlich über den Ohren aussahen
; sie sagten, sie hätten den Typhus gehabt.
Lenbach ist um seine kleine Nichte in Sorgen,
bei welcher Morgen die Krisis erwartet wird.
Übrigens haben wir jetzt das schönste kaltsonnige
Wetter. Mit dem Nebel und Regen
sind denn auch die schwarzen Krähen davongeflattert
, die mich wie wahnsinnig umkrächzten
. Ich denke so etwa 3 Wochen noch hier zu
bleiben und meine Wohnung im Hotel zu behalten
.

München. 8. II. 1877.

Liebe Tante!
Ich bin noch immer in einem gelinden Dusel.
Bälle, Einladungen, maskirte Kneipen wechseln
mit einander ab. Es ist mir, als litt ich an einer
mäßigen Krankheit, an die man sich schließlich
gewöhnen muß. Zu alledem explodirte noch
eine Schachtel schwedischer Sicherheitszündhölzer
(daher der Name) in meiner rechten
Hand, so daß die Nägel schmolzen und anitzo
die Fingerspitzen aufplatzen.
Mit dem Malen ging es folgendermaßen: Als
meine Bekannten davon hörten, hieß es: „Thun
Sie das doch nicht! Bleiben Sie bei dem, womit
Sie uns allen Pläsir machen!" Lenbach setzte
mir von seinen modernen Farben auf die Palette.
Ich blieb aber hartnäckig bei meinem Ocker
und meiner Manier, stahl mir ein Paar katzenjämmerliche
Morgenstunden, wo ich allein sein
konnte, und malte ein paar ungenirte Skizzen
hin. Nun kam erst der Gedon und sagte: Ja, das
hab ich halt nicht gewußt! Dann Seitz und
Lossow und sagten: Ja, das ist ja was die Diezschule
will! und so fort Einer nach dem Andern
bis zum Prinzen Ludwig nebst Gemahlin. Dies
alles wäre natürlich sehr schön, wenn ich nicht
das peinlich kümmerliche Gefühl hätte, daß
ohne ein stilles Plätzchen nichts ordentliches
für mich zu machen ist. Ich male meist abends
bei Lampenlicht nach der Natur, aber das hilft
nicht viel. Hoffentlich findet sich ein Atelier,
das ich behalten kann, wenn ich auch nur den
vierten Theil des Jahres hier wäre.
Von allen Bekanntschaften interessirt mich
eigentlich nur eine junge talentvolle Spanierin
mit pechschwarzen Haaren aus Paraguay, die
ich übermorgen Abend malen werde. Die für
das Glas bestimmten Figuren scheinen mir für
das Treppenhaus doch gar zu unbedeutend. Mir
liegt eine Gobelinimitation im Sinn, womöglich
nach bekannten Darstellungen. Vielleicht findet
sich ja aber auch ein eigener Einfall, der einigermaßen
paßt.

Wiedensahl. Dez. 1891.
Das ließ sich ja erwarten, liebste Tante, daß Sie
die skizzierten Versüchelchen nach Brouwer
mit übergroßem Wohlwollen beurteilen würden
. Nur gut, wenn man einen schärferen Kri-

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