Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 238
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LOVIS CORIINTH

Besitzer: Emil Kaim, Breslau

r'KA U C0R1KTH LESEND. 1911

zuweilen sind es zerrissene, schwere, leuchtende
Splitter, zuweilen scheinen auch blättchenhafte
Schichten übereinander zu lagern.
Das Inhaltliche, dramatisch Erzählende tritt in
den Gemälden zurück. Die mythologischen Szenen
werden seltener. Nicht mehr auf der Handlung
, sondern auf dem Wesen ruht das Interesse
des Malers. Nur die religiösen Stoffe verlassen
ihn nicht. Dieser Sohn des Volkes war im Innersten
streng traditionell und tief verknüpft mit
den Bräuchen der Kirche. Er liebte es zeitlebens,
biblische Zitate in seine Rede zu streuen und an
den Festtagen wurden die testamentarischen Ereignisse
für ihn lebendig. Zu letzt wird das christlich
Legendäre für ihn bedeutungsloser und nur
die unmittelbare religiöse Beziehung zur tragischen
Wendung seines Lebens bleibt bestehen.
So ist der Altar der Kirche von Tapiau (1910)
ein Schritt auf dem Wege zum „Ecce Homo"
von 1925, wo alle Gebärde ins Innere verlegt
ist und nun eine Erschütterung den Beschauer
befällt, die völlig zu deuten uns heute noch nicht
gelingt.

#

Von Corinths Größe werden wir heute am stärksten
betroffen in seinen Porträts,seinen Blumenstilleben
und seinen Walchenseelandschaften.

Zu den Porträts trieb ihn persönliche Neigung
von früh an. Zu den Blumen und zum Walchensee
führte ihn vor allern der Trieb zum Malen
und das Fehlen eines anderen Objekts. Corinth
bekannte, daß ihm diese Motive oft zum Überdruß
geuorden wären. AberdiesesDasein,dessen
innere Wucht im Augenblick des Zupackens
über das Objekt hinwegsehen mußte, projizierte
in diese Bilder die ganze Intensität, die in ihm
kochte und ihn verzehrte.

Wir müssen uns im folgenden darauf beschränken
, uns den Porträts zuzuwenden. Was über sie
gesagt wird, ist zum Teil auch auf die anderen
Bilder zu transponieren. Von dem Porträt des
Dichters Graf Keyserlingk (1901) zu dem des
Schriftstellers Georg Brandes (1925) läuft eine
klare Linie zunehmender Vertiefung. Corinth
strebte danach, die Repräsentanten des Landes
zu malen. So malte er im KriegTirpitz und bedauerte
es schmerzlich,daß es ihm nicht gelang,
Hindenburg zu einer Sitzung zu bringen. 1924
malt er den Reichspräsidenten Ebert. Mit der
ihm eigenen bedeutungsvollen Naivität sagt er
in seiner Selbstbiographie, daß er in ihm die
Spitze Deutschlands malen wolle und daß er ihm
mit derselben Pietät gegenüberstände wie vorher
dem Regenten. Daraus spricht nicht nur

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