Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 279
(PDF, 102 MB)
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DER VOLLBLUTROMANTIKER FRANZ POCCI

Ein Gedenkblatt zn seinem 50. Todestage (7. Mai 1926)

er gräfliche Jugendschriftsteller
und Zeichner
Franz Pocci, ein unerschütterlicher
Sohn der
Romantik, hat sich
durch seine anmutigen
Gaben in Wort und
Bild längst ein dankbares
Gedenken im
Herzen des Volkes und
besonders der Kinderwelt gesichert. Aus der
öden Prosa des Alltags flüchtete er immer
wieder „zu mondbeglänzten Zaubermächten, zu
Rittern, Burgen und Turniergefechten".
Mit München, wo er am 7. März 1807 das Licht
der Welt erblickte, war er aufs engste verwachsen.
Als flotter Studio erwachte in ihm die Lust zu
„leichtherzigen" musikalischenlmprovisationen.
Bald gesellte sich dem Tondichter der Zeichner
bei. Nicht nur seine eigenen Kompositionen,
sondern auch volkstümliche Liedersammlungen
(die „Jäger-, Studenten- und Soldatenlieder")
schmückte sein Stift mit ansprechenden Bildern.
Gern hätte er das Studium der trockenen Rechtswissenschaft
mit der heiteren Kunst vertauscht;
allein an dem harten Sinn des Vaters zerschellte
dieser Herzens wünsch. Doch gönnte ihm seine berufliche
Tätigkeit, in der er bis zum Hofmusikin-
tendanten und schließlich zum Oberst kämmerer
emporstieg, hinlänglich Muße zu künstlerischem
Schaffen, das durch den Umgang mit namhaften
Künstlern befeuert und befruchtet wurde.
Eine stark ausgeprägte Eigenart tritt nun freilich
in keiner seiner Tonschöpfungen hervor. Mit
der „Zukunftsmusik" Richard Wagners kann
er sich nicht befreunden. Zu dem Gesang der
„Undine" (in dem gleichnamigen Puppenspiel)
sagt Kasperl: „Was das wieder so ein schönes
wässeriges Lied ist! Einzig, als hätt's der Richard
W^agner komponiert!" Einige schlichte Weisen
Poccis sind auch in dem von ihm und Guido
Görres im Verein mit einigen Freunden ] 834
herausgegebenen „Festkalender" verstreut, der
ersten deutschen illustrierten Jugendzeitschrift,

die durch innige Vereinigung von Wort und
Bild nachhaltigen Eindruck in den Herzen der
Kinderwelt hinterließ. Dieser „Festkalender"
mit seiner Lobpreisung der mittelalterlichen
Helden, mit seiner „katholischen Innigkeit" und
seinem ungekünstelten, frischen Humor segelt
ganz im Fahrwasser der Romantik. Sein Hauptwert
ruht in den Bildern, die Pocci beisteuerte,
namentlich in den herzigen, ganz dem Leben
abgelauschten Kindergestalten. Pocci hatte sein
Talent als Illustrator für die Jugend entdeckt!
Zunächst ließ er die der Kinderwelt längst
vertrauten Gestalten aus deutschen Märchen
(„Schneewittchen", „Fundevogel", „Hänsel und
Gretel" u. a.) in herzerquickenden Bildern erstehen
, wobei er auch in den Initialen immer
wieder Neues, manchmal geradezu Verblüffendes
erfand. Diese Gaben sind nur Vorboten seiner
„Geschichten und Lieder in Bildern" (1845),
der würdigen Fortsetzung des „Festkalenders".
Eigenes und Fremdes (Beiträge von Görres,
Brentano, Schwab, Kobell u. a.) vereint er zu
einem bmiten Strauße, den er wieder mit eigenartigen
, meist humorvollen Bildern umrankt.
Auch in seinem „Spruchbüchlein" trifft er den
rechten Ton, der zur Kindesseele dringt.
Die Jugendbücher seiner Freunde undBekannten
verschönte seine Kunst durch reichen Bilderschmuck
, so die „Kinderheimat" von Friedrich
Güll, die Märchen Andersens, den „Osterhas"
von Georg S cherer, die „ Alten und neuen Kind er-
lieder" von Raumer. Den „Jugendblättern" von
Isabella Braun blieb er zeitlebens ein treuer und
geschätzter Mitarbeiter, nicht nur mit dem
Zeichenstift, sondern auch mit der Feder. Als
die Begründer der „Fliegenden Blätter", Braun
und Schneider, in den weithin bekannten
„Münchner Bilderbogen" eine heitere Gabe für
jung und alt boten, da wurde auch Pocci für
dieses Unternehmen gewonnen. „Gaukel-Lin-
chen", „Der Riese Fratzfressius", „Das Einmaleins
", „Kasperl mit Frau und Kindern" u. a.
wurden von der Jugend jener Zeit jubelnd begrüßt
.

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