Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 53. Band.1926
Seite: 372
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C. J. BECRER-GUNDAHL

ner Akademie. Für Becker spät, wennn auch
noch nicht zu spät; spät aber auch für die Entwicklung
der Kunst in München. Becker-Gun-
dahl war ein begeisterter und begeisternder
Lehrer, der viel früher, noch in größerer Jugend
und als klärender Geist in wirrer Zeit, hätte berufen
werden müssen. Der Mann, der vom Handwerk
herkam, war mehr als einer, der in selbstverständlicher
Weise (und aus der Selbstverständlichkeit
heraus nicht ohne Phlegma) den
humanistischen Bildungsgang durchlaufen, entflammt
vom klassischen Bildungs- und Erziehungsideal
. Er las besonders gern Homer; er liebte
die Bibel und deutete ihre Geschichten und
Bilder auf seine selbständige, tiefgründige Weise

aus. Er arbeitete unablässig an
seiner geistigen Entwicklung,
und wie es damit vorwärtsging
, in einem ruckartigen,
aber doch systematischen Aufstieg
, in dem sich die nachtwandlerische
Treffsicherheit
des Genies manifestierte, so
fand er dieser geistigen Entwicklung
den kongenialen Ausdruck
in seiner Kunst, in
seinen Werken. Indessen ließ
er es sich nicht nur aus
geheimnisvollen Quellen, die
dem Ingenium sprudeln, zuströmen
. Vielmehr suchle er
über seine Entwicklung, über
ihre Erkenntnis mit sich ins
reine zu kommen. Er bemühte
sich, aus dem allen
einen Kosmos, ein wohlgeordnetes
, klares Ganzes, zu runden
, wohl deshalb, weil er sich
bewußt war, daß er im Äußeren
, in der Schaubarmachung
seiner Kunst immer wieder
zum Entsagen, zum Torsohaften
, zum Fragmentarischen
verurteilt war. In Aussprüchen
zu seinen Schülern, in Briefen
an sie und an Freunde kam er
gern ins Theoretisieren, mit
dem es aber bei ihm keine
ernsthaf te Gefahr hatte. Denn
er war ja kein Theoretiker
im misch öpferischen Sinn,
sondern konnte stets auf seine
positive Leistung, auf die Tat
hinweisen. Ein Mann und Künstler dieser Art
ist der berufene akademische Lehrer, und es
ist schade, daß ihm nur eine relativ kurze
Spanne dieses Wirkens vergönnt war. Er war
kein Einpauker, kein Präzeptor, der Manieren,
Mittelchen,Rezepte verrät. Erfaßte seinen Lehrberuf
tief und herzlich auf. Allerwege verlangte
er Positives. Man mußte stramm zeichnen bei
ihm. Pseudo-genialen Huschelbuschel ließ er
nicht durchgehen. Aber lag erst dieses Elementare
, die Voraussetzung der Künstlerschaft,
das Handwerkliche der Malerei hinter seinem
Schüler, dann riß er ihn mit hinauf in höhere
Sphären. Dann erschloß er ihm das Mystische
der Kunst, dann wurde ihm die Morgenweihe.

WEIBLICHES BILDNIS

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