http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_53_1926/0458
C. J. BECKER-GUNDAHL FLÖTEBLASENDER ENGEL
Entwurf zur Ausmalung der Seitenapsis der Maximilianskirche, München
Niemals hatBecker-Gundahl einem seiner Jünger
seine eigene Art aufgeprägt. Das eben ist das
Bedeutungsvolle und Eigenartige der Becker-
Gundahl-Schule, daß sie den jungen Malern
nicht die Sonderart ihres Meisters vermittelte
(wie dies etwa bei der Wilhelm von Diez-Schule
und noch mehr in unserer Zeit bei der Zügel-
Schule der Fall war), sondern daß sie aus jeder
persönlichen Begabung das Charakteristische
herausholte, sie gewissermaßen zur Potenzierung
ihrer selbst anspornte. Der Erfolg blieb nicht
aus. Becker-Gundahl war in Kürze nicht nur
einer der gesuchtesten und beliebtesten, sondern
auch der erfolgreichsten Lehrer der Akademie,
und die Schülerschaft, die er hinterläßt (mancher
davon ist inzwischen selbst schon in Amt und
Würde hineingewachsen), ist nicht der schlechteste
Teil seiner Lebensarbeit. Uber das rein
Erzieherische hinaus hat indessen Becker-Gundahl
sein öffentliches Amt auch als verpflichtend
in dem Sinne aufgefaßt, daß er die Öffentlichkeit,
die Kunstbehörden vor allem, in allen wichtigen
Fragen aufs gründlichste und selbstloseste beriet;
manche Entgleisung hat er verhindert oder eingerenkt
, und so wird man das Fehlen dieses
Mannes im Münchner Kunstleben auch nach
dieser Seite hin dauernd schmerzlich empfinden.
Es ist kaum nötig, hinzuzusetzen, daß Becker-
Gundahl sein Amt und seinen Einfluß nie dazu
ausnützte, sich das zu verschaffen, was man eine
„Stellung" nennt. Wie er sein Leben lang Großstadtlärm
und fashionable Geselligkeit verabscheute
, lieber auf dem Lande lebte und mit
schlichten, natürlichen Menschen umging, so
blieb er auch in diesen amtsberuflichen Dingen
schlicht, sachlich, bescheiden. Es wirkt fast wie
ein Symbol, daß die höchste Auszeichnung, die
einem bayerischen Künstler zuteil werden kann,
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