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ARCH. O. BIEBER UND W. HOLL WECK-MÜNCHEN
HAUS HOLLWECK IN HOLZHAUSEN
HAUSER AM AMMER SEE
ERBAUT VON OSWALD BIEBER UND WILHELM HOLLWECK
Der Ammersee, der im oberbayerischen
Land vor den Bergen liegt, ist ein Gewässer
von weiter, spiegelnder Fläche, landschaftlich
beherrscht vom „heiligen Berg" Andechs,
umrahmt von sanft ansteigenden, mit Baumgruppen
reich bestandenen Ufern, freundlich,
aber nicht zu dicht besiedelt und deswegen als
„einsam" verschrien. In der Tat ist der See,
der in einzelnen Uferpartien einer gewissen
Melancholie nicht enträt, weniger belebt als sein
berühmterer Bruder, der Würm- oder Starnberger
See. Aber in kultureller Hinsicht ist dies
ganz gewiß kein Nachteil, sondern eher ein
Vorzug. Trotzdem zwei Eisenbahnlinien die
Ufer berühren, trotzdem die Dampfer die weite
Fläche durchpflügen und in Utting und Herrsching
große Segelklubs ihre Stationen haben,
ist dem schönen Gewässer Stille und Rast gewahrt
geblieben. Hier ist Ländlichkeit und
Idylle, und deshalb haben sich an diesem See
mit Vorliebe Künstler und Naturfreunde angesiedelt
; sie vor allem erkannten und verstanden
den Landschaftscharakter, und es erschien ihnen
selbstverständlich, ihn zu erhalten. Ließen sie
sich ein Haus am See errichten, so geschah es
mit möglichster Schonung des Landschaftsbildes
und unter der denkbar größten Einfühlung
in das Wesen der umgebenden Nalur. Am
Ammersee sind der baulichen Entgleisungen
bedeutend weniger als z. B. am Starnberger-
und Tegernsee, von gewissen Seen in der Umgebung
Berlins ganz zu schweigen. An den
Ufern des Ammersees, wo die prächtigen alten
Klosterbauten von Andechs und Dießen sich
erheben, St. Georgen und das uralte Unter-
schondorfer Kirchlein, hier, wo der Einfluß der
einst weitberühmten Wessobrunner Stukka-
toren- und Baumeisterfamilien wirksam war,
hat Bauen etwas Verpflichtendes, denn es hat
Tradition. Es soll dabei nicht der Tradition im
Sinne des Stilkopierertums das Wort gesprochen
sein. Echte Tradition von gesunder und weiter-
Dekorative Kunst. XXIX. i. — Oktober 1925
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