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FRANCESCO GUARDI. GALAKONZERT. AUSSCHNITT
EINE SPIELART DES IMPRESSIONISMUS
Es ist viel darüber nachgedacht und noch mehr
darüber geschrieben worden, welche Umstände
zusammenwirken müssen und was alles sich begeben
muß, wenn ein neuer, ein „wirklicher"
Stil in den bildenden Künsten zur Tatsache
werden soll. Ganz gewiß ist es richtig und zutreffend
, daß dies nicht oder wenigstens nicht
allein durch äußere Einflüsse möglich ist; vielmehr
müssen sich „die Herzen wenden", ehe
die Formensprache der Kunst eine andere werden
kann. Aber auch dann wird es nie einen radikalen
übergangslosen Abbruch der Beziehungen
zur vorausgegangenen Zeit und zur Tradition
geben. Als der Impressionismus in den
1860er Jahren zuerst in Frankreich zum herrschenden
Ausdruck in der malerischen Gestaltung
wurde, war freilich bei den Künstlern, die
ihm anhingen, der leitende Gedanke: Weg von
veralteten, abgegriffenen Formen! Wir wollen
die Welt und die Dinge in ihr nicht mehr aus
müden Augen der Altvordern mit konventionellen
Blicken betrachten, wir wollen uns
die Welt neu, frisch, hell und jung anschauen
und sie so auf unsere Bildtafeln und auf die
Leinwand setzen! Und doch — selbst ein so
begeisterter Parteigänger des Impressionismus
wie Richard Muther gab schon im Jahre 1908,
als der Impressionismus noch unumschränkt an
der Herrschaft war, zu, daß es bei der Geburt
des Impressionismus nicht ohne Mithilfe der
alten Meister abgegangen sei. Er nennt Velas-
quez, Goya und Fragonard, die Hellmaler der
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