http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_59_1929/0161
OTTO MUELLER. SCHWARZES WASSER
OTTO MUELLER
Immer wieder nimmt diese leise Kunst das eine
Lied dämmernden Verharrens auf, das sie seit
jeher tönt. Junge Nacktheit, schmal und spröde
von Wuchs und Gebärden, kauert lässig im
Ufergrase waldumschlossener Teiche, eingegangen
in die heilige Untätigkeit der Natur.
Oder Zigeuner, schweigsam hingehockt um ihr
Zelt, aus dunklen Blicken in den Abend lauschend
, Zigeunermädchen mit eckigen Gliedern,
beklemmend in ihrem düsteren Gleichmut.
Pferde weiden still vor sich hin, badende Frauen
gleiten scheu durch die traumkühle Flut. Ein
Anläßlich einer Ausstellung in der Galerie Ferd. Möller, Berlin.
paar niedere Häuser an einem trägen Wege,
zwischen Bäumen irgend ein schlichter Platz
in sich weilender Abgelegenheit. Köpfe sodann,
sacht vorgeneigt, als trieben sie langsam in
matter Strömung, eigentümlich gezehrle, von
einem sanften Phlegma erfüllte Antlitze, sinnenden
Auges reglos ins Leere gewandt. Schließlich
Jüngling und Mädchen, behutsam zueinander
getreten, kindhaft schüchterne und kindhaft
selbstverständliche Körper, in zager Zärtlichkeit
der Berührung verharrend. Da sind die
wenigen stets wiederkehrenden Gesichte eines
bis zur Monotonie gleichgestimmten Gestaltens,
Abwandlungen immer wieder desselben Grund-
16
121
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_59_1929/0161