Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 60. Band.1929
Seite: 44
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gleich einem ungebärdigen Füllen, Sprünge in
Gebiete gestattet, wo sich der reizvolle Einfall
nur auf Kosten des Gebrauchszwecks durchsetzen
kann, wie es bei manchem anderen der
Fall ist. Wie sehr muß es etwa einen Künstler,
und vor allem einen süddeutschen Künstler, reizen
, einer eleganten Frau zu dienen und das
Schlafzimmer einer Dame großen Stils mit dem
letzten Raffinement fast sündiger Kultiviertheit
einzurichten. Nun, Hoffmann stellt zwar in
seiner neuesten Inneneinrichtung das breite Bett
in die Mitte des Schlafzimmers, er läßt es kokett
von einer darüber hängenden Seidenballonlampe
beleuchten, er gibt dem Toilettetisch eine
Unsymmetrie, die den anmutigen Launen einer
schönen Frau ihr Leben zu verdanken scheint,
aber dennoch wird ihm dieser Raum nicht zu
einem Tempel der Lust. Das Rot des Schleiflacks
, dessen flammende Leidenschaftlichkeit
er wissentlich bricht, kennzeichnet seine beherrschte
Haltung.

Gerade deshalb, weil Hoffmann seine Einfälle
nicht übersteigert, wirken seine Arbeiten so
stark. Ein Mensch steht hinter ihnen, der es sich
nicht gestattet, sein reiches Innenleben, seine
Leidenschaftlichkeit restlos exhibitionistisch vor
uns auszubreiten. Diese Zucht aber wirkt edel.

Und edel sind alle Arbeiten von Hoffmann, ob
er nun derbere oder zartere Formen wählt, ob
er Holz allein verwendet oder Holz in Verbindung
mit Metall, wie es sein Teesalon vor kurzem
auf der Ausstellung im Osterreichischen
Museum zeigte. Edel ist Hoffmann, ob er ein
Gebäude entwirft oder einen kleinen, scheinbar
nichtigen kunstgewerblichen Gegenstand. Und
edel ist auch die sparsame, die mit unendlich
behutsamen Händen vorgenommene Verwendung
schmückender Teile. Nie hat er die Gemütlichkeit
der aufgestreckten Hemdärmel, nie
die mathematische Verstandesdürre erklügelter
Einfachheit. Seine Einfachheit ist geboren aus
der Zucht des modernen Kulturmenschen.
Dieser Adel nun, der Räume nicht für die verweichlichenden
Luxusbedürfnisse von Multimillionären
schafft, sondern dem Menschen von
geistiger Haltung ein Leben höchster innerer
Vollendung spiegelt, muß einwirken auf jene,
die dauernd in diesen Räumen leben. Sie werden
in ihrem Streben nach einem höheren
Menschentum gestärkt. Das ist, wenn man will,
die praktische Bedeutung einer künstlerisch
wertvollen Inneneinrichtung, soferne sie vom
Geist der Zucht, des Formenadels gestaltet

Wurde. Karl Maria Grimme

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