http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_60_1929/0091
PAUL SCHMITTHENNER, STUTTGART. DAMENZIMMER EINES EINFAMILIEN-DOPPELHAUSES
Ausstellung „Bauen und Wohnen", Berlin. Ausführung: Erich Markiewicz, Berlin
eineschöne Aussicht auf den Fisch talgrund durch
eine überdeckte Terrasse vor dem Wohnzimmer
und durch die riesige Glaswand, die aus dem
Eßzimmer eine Art Veranda macht. Das größte
der Schlafzimmer ist — und das ist eine besonders
glückliche Idee — als Kinderzimmer
gedacht. Davor liegt ein fast über die ganze
Hausfront laufender Balkon, für Sonnenbäder
brauchbar. Die Küche ist äußerst geschickt angelegt
. Die Speisekammer liegt auf dem Podest
der Kellertreppe. Diesem Haus merkt man bei
jedem Schritt an, mit welcher Sorgfalt und
welcher Liebe es entstanden ist und es strahlt
bei aller Sachlichkeit die Wärme aus, die der
Architekt hineingelegt hat.
Der kritischste Punkt der Gesamtveransialtung
liegt jedoch an einer andern Stelle. Man braucht
gar nicht zu berücksichtigen, daß es sich hier
um Bauten für den kleineren Mittelstand han-
delt; die Preise sind derart hoch, daß der Zweck
des Unternehmens hierdurch in Frage gestellt
wird. So kostet 1 cbm Raum ca. 42—50 M.
Die Preise für ein Grundstück setzen sich dann
etwa so zusammen: 1350 qm Grundstück:
24000 M. Dazu eingebaute Schränke, Garten
und Zaun und 861 cbm umbauter Raum kostet
dann im Gesamtpreis 73000M., wovon 35000M.
sofort zu zahlen sind. Für derartige Summen
kann man sich selbst einen Architekten nehmen
und sein Haus nicht nur noch mehr den eigenen
Zwecken anpassen, sondern es noch geräumiger
und komfortabler gestalten, als es die Siedlung
bietet.
Dieses ist mit der wichtigste Grund, daß dieses
Unternehmen vorläufig nur als Experiment
gewertet werden kann. Es bleibt aber dankenswert
und zu begrüßen, daß man überhaupt
solche Versuche macht und aus den Fehlern
wie Vorteilen einer solchen Ausstellung wird
die Allgemeinheit für die Zukunft lernen
können. Bruno E. Werner
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