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MAX KRÜGER, BERLIN. WANDARM
MAX KRUGER, DER BELEUCHTÜNGSKUNSTLER
Müssen wir immer noch die berühmten zwei
Unschlittkerzen zum Vergleich heranziehen,
bei deren Schein Goethe arbeitete, wenn wir
ermessen wollen, welchen Fortschritt wir seither
in der Beleuchtungstechnik unserer Wohnungen
geleistet haben? Oder das jener Zeit
folgende brillentragende Säkulum, wenn wir
die gesundheitliche Besserung der technischen
Lichtverhältnisse uns zum Ruhme anrechnen
wollen? Keineswegs. Wir brauchen bloß einen
kurzen Abstand von zwanzig Jahren abzuzirkeln
, um uns klar zu machen, daß es sich nicht
mehr um jene längst erledigten Probleme der
Güte und Stärke des Lichtes dreht, sondern
um die geistige Erfassung seines Wesens, sagen
wir ruhig: als Lebensfaktor, und um die künstlerische
Formgestaltung seiner Erscheinung.
Die Außen-Lichtreklame hat es leicht, diese
Aufgaben und Möglichkeiten sinnfällig zu machen
. An nur einem Beispiel sei's gezeigt: Geht
oder fährt man des Abends durch die langgestreckte
Schloßstraße in Steglitz (Berlin hat
noch mehr, andere Großstädte haben gewiß
ähnliche solche Bilder aufzuweisen), dann erblickt
man schon von weitem ein großes, strahlendes
Filmgebäude in geteilter und gewürfelter
Kastenform, dessen mächtige Einzüge und geschlitzte
Einschnitte ganz von Licht erfüllt
sind, derart, daß die gebrochene Körpermasse
in streng begrenzter architektonischer Form
durch dieses Licht ergänzt erscheint. Bei Tage
erkennt man an diesen Stellen rhythmisch geordnete
Milchglaskästen, die nun als geordnete
Bauglieder mitwirken. Die doppelbegriffliche
„Erfüllung" der räumlichen Aufgaben des Gebäudes
ist in beiden Fällen vollendet. Nachdem
einmal so das Vorbild gegeben wurde, ist ein
Weiterarbeiten auf diesem Wege verhältnismäßig
leicht.
Im Innenraum ist die Lösung bedeutend schwieriger
. Großenteils fußen wir da alle auf den
Anregungen und Leistungen, die Max Krüger in
Berlin-Halensee uns seit langen Jahren gegeben
hat. Wo liegt der Kern? In der sporadischen
Isoliertheit der Lichtquelle im „gegebenen"
Raum und in ihrer oft so sehr veränderten
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