http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fabricius1936/0012
VIII
V e s a 1 hatte 1543, zwei Jahre nach dem Tode des Para*
celsus, damals erst 29jährig, durch seine Fabrica corporis
humani den Glauben an die Galenische Affen-Anatomie
zerstört. Mit der Schaffung einer wirklich menschlichen Ana*
tomie war die Grundlage für eine Erneuerung der ganzen
Medizin, insbesondere aber der Chirurgie gegeben.
Das aus dem Altertum und dem Mittelalter stammende
Gut, — und ein solches war in der Chirurgie in reicherem
Masse vorhanden, als auf den anderen Gebieten der Heil*
kunst, — musste umgegossen werden. Ganz besonders
aber musste die Ausübung der Chirurgie nördlich der Alpen
auf einen anderen Fuss gestellt werden. Sie war im sech*
zehnten Jahrhundert noch eine ausschliesslich handwerks*
massige und war im Gegensatz zu der Chirurgie Nord*
Italiens und Südfrankreichs den «Schärern» und «Badern»
überlassen, welche die «Ehrlichkeit» ihres Berufes durch
Kaiser und Könige bestätigen lassen mussten. Die Aus*
bildung erfolgte rein praktisch nach dem Lehrlingssystem,
und ein etwas sorgfältiger Unterricht konnte nur im College
de St. Come in Paris erhalten werden. Manche dieser Schä*
rer brachten es auch in den Ländern deutscher Sprache zu
beachtenswerten Leistungen, aber nur die Namen Weniger,
wie Pfolspeundt, Stromayr, Brunschwig, Gersdorf sind der
Nachwelt übermittelt worden,
Aus dieser Kategorie chirurgischer Handwerker ohne
Hochschulbildung stammten nun die vier Männer, welche
der Chirurgie der Renaissance nördlich der Alpen ihren
Stempel aufgedrückt haben.
Zeitlich der erste unter ihnen war Pierre Franco,
Er wurde um 1545 durch die Protestanten Verfolgungen
aus seiner Heimat, der Provence, vertrieben und kam ins
bernische Hoheitsgebiet, nach Lausanne. Zwischen 1559 und
1561 kehrte er nach Frankreich zurück, nachdem er 1556
den « Tres puissants et redoutes Princes et Senat de Berne »
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fabricius1936/0012