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I. Projektionsfasern.
A. Projektionsfasern des Grosshirns.
a) Die motorischen Bahnen.
Die motorischen Bahnen oder che sogen. Pyramidenbahnen stellen ccntrifugale
Bahnen dar. Die Bewegungsimpulsc gehen von den grossen Pyramidenzellen der
motorischen Zone der Hirnrinde aus und werden durch die Pyramidenfasern zu den
motorischen Kernen der Hirn- und Spinalnerven fortgepflanzt. Die motorischen Kerne
der Hirnnerven liegen im Hirnstamme, die der Spinalnerven in den Vorderhörnern des
Rückenmarks. Dieser Weg Pvramidenzellc der Rinde, Nervenfortsatz und deren Endbäum
chen. welches die Zelle des motorischen Kernes umspinnt - - bildet die sogen, centrale
motorische Bahn. Die Nervenfortsätze der Zellen des motor. Kernes bilden
die Fasern der peripheren motor. Nerven und enden mit freien Endbäumchen in den
Muskeln peripherische motorische Bahn. Anatomisch verlaufen die motor.
s p i n a 1 e n Bahnen folgendermassen: Der Anfang der motor. Bahnen liegt, wie oben
erwähnt, in den grossen Pvramidenzellen der motorischen Zone der Hirnrinde, in den
Centraiwindungen. Im oberen Drittel der Centraiwindungen liegt das motor. Centrum
für die unteren Extremitäten (Fig. V, 1 rot), im mittleren Dittel für die oberen Extremitäten
(Fig. V, 1' rot). Die Nervenfortsätze der hier liegenden Pyramidenzellen gehen
direkt in die sogen. Pyramidenfasern über; sie verlaufen in dem weiten Felde der weissen
Grosshirnsubstanz im centrum semiovale Vieussenii und bilden dabei einen 'Feil des
Stabkranzes (corona radiata Reilii). Sie gelangen in die Capsula interna, wo sie in dem
hinteren Schenkel derselben liegen (Fig. V, caps. int. rot gestrichen).
Von diesem Punkte ab nehmen die Pyramidenfasern eine bogenartige AVendung
nach unten vor, um in dem Hirnschenkelfuss (Pcs peduneuli) überzugehen. Im weiteren
Verlaufe gelangen sie in den pons und in die med. obl., wo sie als 2 kompakte Bündel,
sog. Pvramiden (Fig. V, Py. rot) schon makroskopisch an der ventralen Oberfläche zu
sehen und bis zu dem distalen Ende der med. obl. zu verfolgen sind. Hier, in der
Gegend des I.—II. Cervicalnerven, findet die sog. P vr am i d e n kr eu z un g (clecussatio
pyramidum) statt, die eine 6 mm lange Strecke einnimmt. Die Pyramidenfasern jeder
Hemisphäre, welche bis zu dieser Stelle ungekreuzt in dem kompakten Bündel verliefen
, unterliegen hier einer teilweisen Kreuzung. Der grössere Teil der motor. Fasern
geht in die gekreuzte Seite über, indem er das Vorderhorn dieser Seite gänzlich
von der übrigen grauen Substanz abschnürt (Fig. V, 3, 4, 5 rot) und verläuft sodann im
Rückenmark als sog. Pvramidenseitenstrangbahn abwärts, hin kleinerer Teil der motor.
Fasern bleibt auf derselben Seite und verläuft im Rückenmark als Pyramidenvorderstrang-
bahn (Fig. V, 6, 7. 8 grün). Der weitere Verlauf der Fasern dieser Pyramidenstränge
ist folgender: Die Fasern der Pyramidenseitenstränge geben, wie alle longitidunal verlaufenden
Rückenmarksfasern. Seitcnästchcn-Collateralen ab (Fig. V, col. rot), welche unter
rechtem Winkel von ihren Stammfasern abgehen und in die graue Substanz derselben
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