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(s. oben S. 9 °) sich in der hinteren Kommissur kreuzt, dass aber dieser spärliche
Teil nicht ausreicht, um. wie Lenhossek sagt, ..als alleiniges anatomisches Substrat der
von den Physiologen postulierten Kreuzung der sensiblen Leitungsbahnen zu gelten".1)
Die endgültige Entscheidung dieser Frage muss den weiteren Nachforschungen überlassen
bleiben.
Was die B ahn e n d er sensible n H i r n n e r v e n betrifft, so besteht hier dieselbe
Analogie mit denen der spinalen Nerven, wie wir sie zwischen den motorischen Hahnen
der Hirn- und Spinalneryen gesehen haben. Wie am Rückenmark die Ursprungskerne
der sensiblen Wurzeln ausserhalb desselben liegen, nämlich in den Spinalganglienzellen,
so nehmen auch die sensiblen Hirnnerven ihren Ursprung von Zellen, die sich ausserhalb
des Gehirns befinden. Von diesen Ursprungszellen treten die sensiblen Hirnwurzelfasern
(Nervenfortsätze) in das Gehirn hinein, wo sie sich - - ebenso wie im Rückenmark
die hinteren Wurzelfasern — in ab- und aufsteigende Fasern teilen, die sich ihrerseits
wieder in Collateralen und Endfasern auflösen; letztere umspinnen mit ihren Endbäumchen
die Zellen der sog. sensiblen Kerne (peripherische sensible Bahn sensible
Leitung I. Ordnung). Die Zellen der sensiblen Kerne entsprechen den Strangszellen
der grauen Rückenmarkssubstanz und denen der nucl. grac. et nücl. cuneati. Die
Nervenfortsätze dieser Zellen können entweder 1. lang sein, sie leiten dann, indem sie
in der Raphc eine Kreuzung erfahren, die peripheren Reize ununterbrochen zu den
höheren Hirnrindencentren (wahrscheinlich zur hinteren Centraiwindung und zum Parietal-
lappcn), bilden demnach die centrale sensible Bahn sensible Leitung
II. Ordnung-' oder 2. sie können kurz sein, dann enden sie schon nach einem kurzen
Verlaufe in verschiedenen Zellen der grauen Hirnsubstanz und dienen hauptsächlich den
reflectorischen Bewegungen (vielleicht helfen sie auch mit die centrale sensible Bahn
sensible Leitung II. Ordnung — bilden durch ein allmähliches ctappenartiges Einschalten
von Zellen). Die sensiblen Bahnen der einzelnen Hirnnerven sind folgende:
Sensibler Teil des u. trigeminus (n. V.). Peripher, sensible1 B a hu - - sensible
Leitung I. Ordnung: sensible periphere Nervenfaser — Zelle des ganglion Gasseri (entspricht
der Spinalganglienzelle) Faser der sensiblen Wurzel, welche zum sensiblen
Kern geht. Centrale sensible Bahn sensible Leitung II. Ordnung: scnsibler
Kern (Fig. I. V liegt am vorderen Ende des Bodens des IV. Ventrikels, Gegend pons
Varolii) lange aufsteigende Fasern (Fig. I. 10 blau), welche sich in der Raphc
kreuzen, sich dann weiter zu der medialen Schleife gesellen und mit dieser zu der Hirnrinde
gehen: die kurzen aufsteigenden Fasern (ebenso wie die Collateralen aller ab-
und aufsteigenden Fasern) gehen zu den motor. Kernen des n. trigem., n. facial. et n.
hypogl., wahrscheinlich auch zu dem motorischen Teil der n. IX et n. X. und dienen
hauptsächlich den reflectorischen Bewegungen (z. B. Trismus bei Reizung des sensiblen
n. trigeminus). Die sensiblen Wurzelfasern des n. V erfahren nach ihrem Eintritt in den
Hirnstamm eine Teilung in ab- und aufsteigende Fasern. Die absteigenden Fasern bilden
) Lenhossek. Der feinere Bau des Nervensystems. 1893.
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