Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1971): Vorschläge - Berichte - Dokumente
1971
Seite: 22
(PDF, 12 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1971-02/0022
Walter Vetter:

Straßenbahn oder CAT? - Zur Situation
der öffentlichen Nahverkehrsmittel in Freiburg

(Auf der Grundlage eines am 3.3.1971 gehaltenen Vortrages)

Diskussionen über einen Haushaltsplan oder über Gebührenerhöhungen ziehen unzweifelhaft
auch Überlegungen zur Fahrpreisgestaltung und Linienführung der öffentlichen Verkehrsmittel
nach sich. Derartige Erwägungen werden auch angestellt, wenn die „Einnahmemöglichkeiten
im ordentlichen Haushaltsplan 1971" zum Eventualhaushalt der Stadt Freiburg 1971
eine Erhöhung der Tarife für öffentliche Verkehrsmittel zunächst nicht vorsehen. Man sollte
folglich unterstellen dürfen, daß der Verzicht auf derartige Fahrpreisanhebungen echter politischer
Erkenntnis entspricht. Der Oberstadtdirektor von Hannover, Martin Neuffer, hat in
seinem jüngst erschienenen Buch „Städte für alle — Entwurf einer Städtepolitik" bereits festgestellt
, daß es spätestens 1969 klar geworden sei, daß die Fahrpreisgestaltung im öffentlichen
Nahverkehr eine politische Frage ist.

Der öffentliche Nahverkehr in Freiburg ist ein zentrales Thema, das sowohl bei den Diskussionen
zum Haushaltsplan und zum Flächennutzungsplan als auch zum Generalverkehrsplan,
zur Innenstadtsanierung etc. eine Schlüsselstellung einnimmt. Deshalb müssen die Haushaltpläne
der nächsten Jahre in verstärktem Maße Streckeninvestitionen für neue Verkehrslinien
vorsehen. Sonst wird eine Politik fortgesetzt, die sich in den vergangenen 20 Jahren schon
deshalb als Fehler erwiesen hat, weil unterlassene Investitionen stets teurer sind und werden.
Die Diskussion wird auf eine neue Ebene verlagert durch die Überlegungen, die im Zusammenhang
mit dem CAT-System in Freiburg angestellt werden. Zugleich muß man sich fragen,
weshalb ein Laufbandsystem, beispielsweise in Form der Münchner Fahrsteige, nicht zumindest
für die Innenstadt in die Diskussion einbezogen wurde. Es ist ohne Zweifel ein lobenswertes
Unterfangen, zukunftsweisende Verkehrssysteme in die Planungen einzubeziehen.
Diese Betrachtungen dürfen jedoch nicht dazu führen, die Lösung der seit Jahren anstehenden
Streckenprobleme noch weiter hinauszuschieben. Alle Anzeichen deuten jedoch darauf
hin, daß es trotz eines Stadtratsbeschlusses zu einer einschneidenden Verzögerung kommen
wird, da man offensichtlich zu warten gedenkt, bis das futuristische CAT-System auch auf
Freiburg anwendbar geworden ist. Dadurch wird die Verkehrsmisere in Freiburg, deren
Lösung nicht zuletzt für die Lebensfähigkeit der Innenstadt von entscheidender Bedeutung
ist, weiter verzögert, notwendige Streckeninvestitionen verteuern sich weiter.

Es ist sicher nicht zu bestreiten, daß Kabinensysteme — gleich welcher Struktur — für die
Lösung städtischer Verkehrsprobleme künftig eine wichtige Rolle spielen werden. Ob dies in
der Form des jetzt diskutierten CAT gesehen wird, ist jedoch zu bezweifeln. Neben dem
CAT-System, einer Verbindung von Individualverkehr und öffentlichem Verkehr, wird in den
Vereinigten Staaten neben Laufbandsystemen gleichzeitig die Verwendung von Autokabinen
und von Automobilen herkömmlicher Art mit teilweise elektronischer Gemeinschaftssteuerung
erprobt. Der Automobilist steuert auf bestimmten Strecken selbst, in Verdichtungsräumen
erfolgt die Lenkung elektronisch. Die Städte Los Angeles, San Francisco, Detroit und New
York haben sich entschlossen, ihr S-Bahnnetz weiter auszubauen oder ein neues zu installieren
. Die Ende 1970 bei Paris und von der Firma Kraus-Maffei in München angestellten Versuche
haben gezeigt, daß auch künftig dem Schienenweg — bei Überlandstrecken allerdings
evtl. in der Form der Einwegbahn und der Führung durch Magnete oder Luftkissen — die
entscheidende Bedeutung zukommt. Ähnliche Überlegungen werden auch in fast allen europäischen
Städten zwischen Marseille und Köln angestellt. Wenn die Gutachten von Professor
Schächterle überhaupt nur In einem Punkt richtig sein sollten, so in der Beurteilung des
Straßenbahnverkehrs für Freiburg. Die offensichtlich als Gefälligkeitsgutachten anzusehende
Expertise für den ADAC in München ändert daran nichts.

Ein Blick auf die Verkehrspolitik anderer westdeutscher Großstädte zeigt, daß sich diese in
der positiven Beurteilung eines schienengebundenen Massenverkehrsmittels einig sind. Diese
Form hängt von der Größe der Stadt und der Bevölkerungsdichte ab. Es scheint sich herauszustellen
, daß für Städte ab 800 000 Einwohner bereits eine U-Bahn notwendig ist, während
sich Städte ab 500 000 Einwohner für eine S-Bahn entscheiden. Dabei ist es durchaus möglich
und sinnvoll, beide Systeme zu kombinieren oder Straßenbahnen auf Teilstrecken als U-
oder S-Bahn zu betreiben. Auch neue Stadtteile funktionieren in der Regel dann am besten,
wenn sie von einer bestimmten Bebauungsdichte an durch eine Straßenbahn erschlossen und
mit der Innenstadt verbunden werden. Als Beispiel seien die Münchner Stadtteile Hasenbergl

22


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1971-02/0022