Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1971): Vorschläge - Berichte - Dokumente
1971
Seite: 25
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1971-02/0025
Dipl.-Ing. Günter Schrempp:

öffentlicher Nahverkehr in Freiburg

Bus — Straßenbahn — CAT

Welche Anforderungen stellt die Bevölkerung an ein öffentliches Nahverkehrssystem (ÖNV)
für den Personenverkehr?

Als erstes wäre hier ein Begriff der Attraktivität zu nennen, d. h. das System muß von ihnen
angenommen werden; sie sollten den Wunsch haben, statt mit dem Auto mit dem öffentlichen
Verkehrsmittel innerhalb des Stadtgebietes zu fahren. Dieses System müßte weiterhin
folgende Forderungen in sich vereinigen: kurze Reisezeit und damit relativ hohe Geschwindigkeit
, geringe Wartezeit und damit hohe Zugfolge und Leistungsfähigkeit, Pünktlichkeit und
geringe Kosten sowohl für den Fahrgast als auch Gemeinde. Hinzu kommt ein gewisser
Fahrkomfort, d. h., geringe Geräuschentwicklung, kein Rucken und Gedränge, verbunden mit
einem Höchstmaß an Sicherheit. Der Einfluß auf die Umwelt sollte im HinbiicK auf den Städtebau
, Abgase und Lärmerzeugung sowie Gefährdung nicht schädlich sein.

Da die Verkehrsprobleme unserer Städte nicht mit dem individualverkehr zu lösen sind,
wenn man nicht unter ungeheuren Kosten eine Stadt durch Rennbahnen zerstören will, d. h.
eine Straßenstadt bauen will, wo nur noch wenige Häuser bestehen bleiben.

Folglich benötigt man ONV-Systeme. Eines dieser Systeme ist der Omnibus (tat. omnia
bustum = Massengrab). In der technischen Literatur findet man als maximale Leistungsiäh.g-
keit für einen Bus yüOO Pers./h., d. h. jede Minute ein Gelenkzug mit 1t»0 Personen (öbwonl
man nur mit 120 Personen rechnen kann, da 150 nicht zumutoar sind). Wenn man bedenkt,
daß das Einzugsgebiet der CAT-Versuchsstrecke Landwasser — Siegesdenkmal 1970 bere.ts
rund 42 000 hinwonner hatte und man annimmt, daß jeder zweite oerutstätig ist, und bOOO
Personen morgens zwischen 7 und 8 Uhr nicht in die Innenstadt wollen, veiDieiben 15u00
Personen. Dies bedeutet, daß, selbst wenn jeder sein Auto heute zu Hause laut, aer Bus
die geforderte Leistungsfähigkeit bereits heute nicht hat. Bei den notwendigen 85 Bussen in
der öpitzenstunae — aie Freiburg im übrigen nicht besitzt — ist aie Wagemoige betrieblich
nicht menr zu bewältigen. AttraKtiv ist ein ruckender, üoerfüllter Bus sicner nicnt, dafür fehlt
der KomtOrt. Die Rußwolken, die er ausstößt, und die unseren Leoensraum zu vei guten nel-
fen, können auch nicht zur Befürwortung als OIMV-Mittel beitragen, bin wesentlicher Nachieil
liegt aber in den Kosten. „Kocks" hat ausgerechnet, daß die Kosten für den Bus um 68%
pro Janr höher liegen als bei der StraßenDann. Das liegt sicher an den ernönten Personal-
Kosten (1 GT 8 entspricht 2 Gelenkbussen oder 3 normalen Bussen). Außerdem schreibt man
heute einen Bus in 8 Jahren ab (CAT 10 Janre, Straßenbahn 24 Janre).

Wenn man weiter bedenkt, daß heute dieser unattraktive Bus dem Vergleich zum Pkw nicht
standhält, im Verkehr steckenbleibt und damit sich seine Fahrzeit wesentlich verlängert und
wiederum damit die Leistungsfähigkeit bei gleicher Wagenanzani weiter sinkt, und man die
gefährlichen Einfädelungsvorgänge aus Haltestellen berücksichtigt, kann man oen Bus im
innerstädtischen Bereich als ONV-Mittel kaum verwenden. Diese Argumente gelten nicht nur
bei unserer heutigen Verkehrssituation, sondern auch bei verminoertem Indiviauaiverkehr
und gleichbleibendem Geschäftsverkehr. Um gleich einem Einwand zu begegnen: Dies gilt
auch für den O-Bus. Er unterscheidet sich nur durch höhere Kosten, Weggegebundenheit
und keine Abgase.

Der Omnibus hat sicher auch Vorteile. Er ist als flächenerschließendes Verkehrsmittel viel
besser in der Lage als jedes schienengebundene Verkehrsmittel, Gebiete geringer Wohndichte
zu erschließen. Hier kommen seine Vorzüge wie z. B. seine Freizügigkeit und unbeschränkte
Einsatzfähigkeit zur Geltung. Aus diesem Grunde ist er auch in oen USA und in
England sehr verbreitet. Wiesbaden hat vor geraumer Zeit seine letzte Straßenbahnlinie stillgelegt
. Der Erfolg ist, daß man unter immensen Kosten und Schwierigkeiten gerade in der
Innestadt eigene Omnibusspuren anlegen mußte. Man wäre dort froh, wenn man bei der
Straßenbahn geblieben wäre. Das Fazit ist: In einer so intensiv genutzten Stadt wie Freiburg
ist der Bus sicher nicht das richtige Verkehrsmittel.

Da auch eine U-Bahn für Freiburg wegen der zu hohen Kosten (40 bis 60 Millionen pro Bau-
km) nicht in Frage kommt, sondern erst bei Städten von minimal 500 000 Einwohnern bleiben
nun noch ein neues Verkehrssystem wie CAT oder die Straßenbahn.

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