Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1974): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1974
Seite: 15
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1974-03/0015
2. Die Ostfassade wird zurückgenommen

3. Der Fußgängerüberweg entfällt.

Was sich hingegen jetzt abzeichnet, scheint die fast unveränderte Durchsetzung des in der
Sitzung vorgestellten Modells minus ein Geschoß zu sein. Es scheint mir eindeutig, daß die
Voraussetzungen, unter denen die Arbeitsgemeinschaft und das Denkmalamt dem Abbruch
zugestimmt haben, damit nicht mehr bestehen."

Diesem Urteil Sauerländers, der von beiden Seiten als neutraler Mittler akzeptiert war, ist
nichts mehr hinzuzufügen.

Wenn schon staatliche Baubehörden nur nach ökonomischen Gesichtspunkten „Kunstpflege"
betreiben, so darf man sich nicht wundern, daß dann erst recht private Bauherren ihr Renditestreben
obenan stellen. Vielleicht sind die ersten der goldenen Siebzigerjahre deshalb
zum Demonstrationszeitpunkt einer brutalen Stadtsanierung geworden, weil man glaubt,
1975, im „Jahr der Denkmalpflege", reinen Tisch vorweisen zu müssen. Dann könnten Abbruchgenehmigungen
nicht mehr so ohne weiteres erreichbar sein. Es wäre auch denkbar,
daß bis dahin der böse Schutzzonenplan Rechtskraft erlangt hat, und dann müßte man sich
ja in vorgegebene Straßenräume und Maßstäbe einordnen. Der wieder zur Geltung gelangte
Gropiussche Leitsatz von der Einordnung des Architekten würde so manches, eigensüchtige
Denkmal verhindern. Sollte wahrscheinlich sogar eine breitere Öffentlichkeit nicht mehr
bereit sein, das Gesicht ihrer Städte einem hemmungslosen Wachstum preiszugeben? Welch
hoffnungsvolle Aspekte für eine Neubesinnung der städtebaubezogenen Architektur!

Daß bis zu diesem Ziel noch ein weiter Weg zurückzulegen ist, beweist ein Blick auf einige
wenige „Objekte", die der Spitzhacke oder sonstigen Eingriffen zum Opfer fielen. Zunächst
ist zu nennen das Haus Kaiser-Joseph-Straße 260, früher Kaiserstraße 132, das 1971 abgebrochen
wurde. Dieser qualitätvolle und originelle Bau, 1893 von dem bekannten Freiburger
Architekt Oskar Geiges errichtet, verkörperte in bester Weise die Frührenaissance im Sinne
des Späthistorismus. Zwischen zwei Schaugiebeln ragte ein dreieckiger Erker heraus, der
dem Haus ein pittoreskes Aussehen verlieh. Die ornamentierten Fensterumrahmungen und
die gußeisernen Balkonkonstruktionen unterstrichen den individuellen Reiz des Hauses. Dieses
, sowohl als Einzelobjekt wie als Teil des Ensembles südlich des Martinstores wichtige
und erhaltenswerte Gebäude, wurde ersetzt durch einen Neubau, über dessen architektonische
Qualität als Einzelobjekt nicht gestritten zu werden braucht. Entscheidend ist hier
der Verlust des früheren Hauses und die Zerstörung des Ensembles. Der Neubau wäre ohne
die Hypothek, wertvolle alte Substanz vernichtet zu haben, sicher zu begrüßen. Er hätte
also an anderer Stelle der Stadt gebaut werden müssen.

Nach dem Beispiel eines Geschäftshauses einer Gesellschaft, ein solches aus der privaten
Sphäre: Die ehemalige Villa Schalk-Schilling in Herdern in der Stadtstraße 9, die später die
Nummer 9 a erhielt. Der qualitativ hochstehende Barockbau im Sinne des Strengen Historismus
wurde 1972 ein Opfer der Spitzhacke. Eugen Schmidt, ein excellenter Kenner der
Stilmittel des Historismus und des Jugendstils, war 1889 der Architekt. Der neue Besitzer des
Anwesens, wohl Herderns größter privater Bauherr mit einem Faible für Villen in parkähnlicher
Umgebung, hatte das Recht auf seiner Seite: Im Denkmalbuch war das Gebäude nicht
eingetragen, der Schutzzonenplan war und ist noch nicht fertig, und die städt. Bauvorschriften
ließen den Abbruch mit dem Ziel einer wesentlich erhöhten, neuen Nutzung zu.

Für diese beiden, beispielhaft geschilderten Vorgänge wären die Bestimmungen des alten
wie des neuen Denkmalschutzgesetzes anwendbar gewesen: Es handelte sich um schützenswerte
Kultur- und Kunstdenkmale; auch ohne Eintragung im Denkmalbuch, die nicht zwingend
vorgeschrieben ist. Sollten diese und andere Vorfälle nicht zu einer besseren Zusammenarbeit
zwischen den städtischen Baubehörden und dem Landesdenkmalamt Veranlassung
geben? Eine Zusammenarbeit, die sich bei der Erhaltung des Gebäudes Dreikönigstraße 12
zu bewähren beginnt.

Nach den beiden Beispielen aus dem Bereich der Architektur und des Städtebaus zwei Vorgänge
aus dem Kreis der Kunstpflege; zwei Werke, die heute infolge Unverständnisses der
Öffentlichkeit entzogen sind. Zunächst ist zu nennen die Schiller-Skulptur, die bis 1969 in
einer Fassadennische am Hause Schillerstraße 46 aufgestellt war. In jenem Jahr wurde das
im Stile des klassizistischen Strengen Historismus zwischen 1882 und 1886 errichtete, fein-
gliedrige Wohnhaus „großzügig" umgebaut. Dabei wurden Gliederung und Nische beseitigt,
die Fassade erhielt eine Verkleidung aus Mosaiksteinen. Sie wirkt heute wie ein nach außen
gekehrter Metzgerladen. Dabei verschwand die Schiller-Statue, die mit AK signiert ist und
somit von Alois Knittel stammen dürfte. Die 1970 einsetzenden Bemühungen, die Skulptur
mit privaten und städtischen Mitteln anzukaufen, scheiterten an dem sich stetig erhöhenden
Preis. Damit bleibt eine Figur, die drei Generationen von Freiburgern erfreute und das
Gesicht der unteren Schillerstraße prägte, weiterhin der Öffentlichkeit entzogen; ein Stück
Freiburger Kulturgeschichte wurde zum Spekulationsobjekt degradiert.

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