Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 2651
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild [Hrsg.]
Freiburger Stadtbild (1976-78): Aufsätze - Vorschläge - Berichte
1976-78
Seite: 11
(PDF, 14 MB)
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organische Umgestaltung alter Quartiere einzusetzen. Nach der Monostrukturie-
rung der Innenstadt durch Handel und Gewerbe wird dadurch einer weiteren
Fehlentwicklung Vorschub geleistet, der Monostrukturierung durch Ein- und
Zweizimmer- Komfortwohnungen für Bewohner, die erfahrungsgemäß recht
wenig zur Kommunikation eines Gemeinwesens beitragen. Die „alte" Bevölkerung
, oftmals seit Generationen in diesen Bezirken und Häusern wohnhaft, wird
umgesiedelt und somit zu Sanierungsflüchtlingen. Das gravierendste Beispiel
einer solch fehlgeleiteten Baupolitik sind die „Sanierungsmaßnahmen" in der
Gerberau. Leider lassen sich diese Beispiele vervielfachen.

Solange Gemeinderat und städtische Bauverwaltung nicht bereit sind, durch
konsequente Anwendung des Städtebauförderungsgesetzes, des novellierten
Bundesbaugesetzes und der einschlägigen Landes- und Gemeindebauordnung
Nutzungsänderungen zu verbieten und Erhaltungsgebote auszusprechen, wird
auf der Freiburger Denkmalpflege eine Verantwortung lasten, die ihr Kraft Auftrag
und Stellung nicht zukommen kann. Bei Objekten, deren stadtgeschichtlicher
und baukünstlerischer Wert oftmals umstritten ist oder sich als echter Grenzfall
darstellt, bleibt es nicht aus, daß Denkmalpfleger Abbruchgenehmigungen
zustimmen müssen, weil die §§ 2 und 12 des Denkmalschutzgesetzes die Erhaltung
nicht rechtfertigen und ein Ensembleschutzplan gemäß § 19 Denkmalschutzgesetz
noch nicht in Kraft ist. Um so leichter haben es unverantwortliche
Bauherren und Architekten, die in dieses Vakuum hineindrängen in der klaren
Erkenntnis, daß die Freiburger Stadtplanung zwar große Würfe zu verzeichnen
hat, im Einzelfalle aber derartigen Bauwünschen nachzugeben bereit ist.

Die Frage nach der Macht der Stadtplanung läßt sich mit einem Zitat aus Machia-
vellis „Discorsi" am besten beschreiben. Es heißt dort: „Er muß (nämlich der
Landesherr) neue Städte bauen, die alten zerstören, die Einwohner von einem
Ort an den anderenversetzen, kurz, er darf nichts im Lande unangetastet lassen,
damit es keinen Rang, kein Amt, keinen Stand und keinen Reichtum gibt, den der
Besitzer nicht ihm zu verdanken hat; diese Mittel sind grausam und lebensfeindlich
".

Man hatte in den letzten 15 Jahren den Eindruck, daß dieser machiavellische
Staatsgedanke die Planer im Bereich der Baupolitik und auch die Architekten in
erheblichem Maße leiten würde. Dagegen steht der Satz des Hamburger Soziologen
Hans Paul Bahrdt in seinem Buch „Humaner Städtebau": „Sie erst, die
Bürger, geben der Stadt ihr Gesicht. Humaner Städtebau zeichnet sich durch
Selbstbescheidung aus, er läßt den Bürgern die Chance, noch selbst etwas zur
Gestaltungder Stadt beizutragen".

Man hat Denkmalpflege stets als Hilfwissenschaft bezeichnet und man hat sie
nur unter dem Aspekt der Kunst gesehen. Was einen hohen Stellenwert in der
Kunstgeschichte hatte, war ohne Zweifel schützenswert. Alles andere erschien
nur noch dann erhaltungswürdig, wenn ein berühmter Staatsmann, Dichter oder
Musiker einmal dort weilte. Wir kennen diese abstrusen Praktiken der Denkmalpflege
auch aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, wo man ein Portal,
einen Kirchturm oder ein paar Fenstergewände stehen ließ, um damit dem kunstgeschichtlichen
Auftrag zu genügen und im übrigen modernistischen Architekten
freie Hand gab. Der Wiederaufbau historischer oder kunstgeschichtlich
bedeutender Objekte kam nur dann in Frage, wenn sie einen besonders hohen

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