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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1992-09/0116
sen sich aus als Dokumente staatlichen, privaten, landes- und grundherrlichen, gemeindlichen
oder geistlichen Besitzes und Anspruchs.

Die Marksteine wurden in gewissen Abständen auf der Grenzlinie gesetzt, wobei man die
mit Zeichen (Ortsname, Wappen, Fleckenmal, Jahreszahl,) versehenen „Hauptsteine" und
die dazwischen stehenden „Läufer" ohne besondere Merkmale unterscheidet. Letztere
dienen lediglich zur deutlicheren Bezeichnung des Grenzverlaufs. Auf die Oberseite des
Marksteins wird eine Kerbe, Rinne, G'rinne oder Ruthenzeichen eingehauen, die die Richtung
der Grenzlinie anzeigt. Entsprechend der Grenzrichtung verläuft diese Rinne oft auch
im Winkel oder Haken, bei Aneinanderstoßen mehrerer Markungen finden sich Zwerch-
und Kreuzrinnen.

Das Geschäft der Grenzziehung und -markierung und der Grenzkontrolle ist Sache besonders
Beauftragter. Sie bilden eine Art Grenzkommision, meist „Untergänger", „Schieder",
„Feldgericht" oder nach ihrer Zahl „Siebener" genannt. In bestimmten Zeitabständen
wurde früher die Grenze vom „Untergang" oder „Felduntergang" abgeschritten, um, wo
nötig, die Markierung wieder instand zu setzen. Alte Untergangsprotokolle finden sich
häufig in den Archivalien. In ihnen ist der Grenzverlauf von Stein zu Stein genau beschrieben
. Zum „Untergang", einer wegen der Bedeutung für die Gemeinschaft wichtigen und
feierlichen Angelegenheit, wurde vielfach die Jugend mitgenommen, damit sich das Wissen
um das ungeschriebene Grenzrecht von Generation zu Generation fortpflanzte. Eigenartige
Bräuche, wie den Buben verabreichte Ohrfeigen, dienten zur besseren und dauerhaften
Einprägung des wichtigen Rechtsvorgangs.

Von der Versuchung, vermeintlich zu gering bemessenen Grundbesitz durch eigenmächtige
Korrektur der einmal festgesetzten Grenzmarkierung zu vergrößern, war der Schritt
zur Ausführung einer solchen Korrektur nicht groß. Daß mancher dieser Versuchung erlag,
beweisen die drakonischen Strafmaßnahmen und die große Zahl der Sagen von umgehenden
Marksteinversetzern. Um sich vor solcher unberechtigter Grenzkorrektur zu schützen,
verwendete man schon frühzeitig neben den sichtbar im Gelände befindlichen Grenzzeichen
besondere geheime Merkmale. Die Sicherung der Grenzbezeichnung durch geheime
Merkmale geht auf römisches Vorbild zurück. Bei der Sicherung der Marksteine handelt es
sich um die Beilegung geheimer Zeichen und Zeugen, welche, je nach Land, Gegend, örtlichen
Usus verschieden, aus Holzkohle, Scherben von Glas oder Ton, Flaschenböden,
zerbrochenen Pfeifen, Ziegelstücken, Steinen aller Art, Gips, Kalk, Asche, Eierschalen und
Knochen bestanden. Wesentliche Eigenschaften dieser „Zeugen" sind, daß sie unverweslich
sein und aus ortsfremden Material bestehen müssen. Sie sollen also möglichst lange
Zeit erhalten bleiben und sich von ihrer natürlichen Umgebung deutlich unterscheiden.
Diese Steinstücke wurden (wie auch die Zeugen aus anderem Material) auf den Boden der
Grube, in die der Markstein gesetzt werden sollte, gelegt und verschieden hoch, bis zu
40cm, mit Erde bedeckt. Erst dann wurde der Markstein darauf gestellt. Das Zerschlagen
der Steine bedeutete eine zusätzliche Sicherung, denn die Steine hatten erst dann eigentliche
Beweis- und Zeugniskraft, wenn die Teile bei späterer Nachsicht an den Bruchstellen
genau zusammenpaßten, sich „zusammen schicken". Zweck dieser Verzeugung war, bestimmte
, der Allgemeinheit unbekannte Merkmale den Marksteinen beizufügen, die im
Falle eines Zweifels über den richtigen Standort des Grenzsteins den eindeutigen Beweis
erbrachten, ob der Markstein versetzt war oder nicht. Diese zusätzlichen Zeichen oder
Zeugen mußten also geheim bleiben, darum standen die mit dem Vermarkungsgeschäft
betrauten Untergänger und Steinsetzer unter Eid.

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