http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1992-09/0146
stand für ihn der „Phonascus", der Erfinder einer Melodie, höher als der „Symphoneta",
der zu einer vorhandenen Melodie weitere Stimmen hinzukomponiert und so eine polyphone
Komposition erschafft. Wir sollten jedoch bedenken, daß Glarean hier nicht ausschließlich
nach künstlerischen oder ästhetischen Kriterien urteilt. Gregorianik und einstimmiger
Cantus sind für ihn nicht in erster Linie musikalische Phänomene, sondern vor
allem geistliche. So wie er sich mehr und mehr von den Bestrebungen der Reformatoren
abwandte und der ererbten alten Kirche treu blieb, so erleben wir ihn auch in diesem Falle
als einen Bekenner im geistigen und geistlichen Sinne. Die Modernität seiner theoretischen
Lehre stand auf einem alten, in Jahrhunderten gefestigten und bewährten Fundament
!
Hannsdieter Wohlfarth
144
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1992-09/0146