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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_1994-10/0030
rung der Funktionen die ursprüngliche Ganzheit eines Gebäudes bewahren. Man sollte
nicht vergessen, daß spätere Generationen uns möglicherweise der Stümperei schelten
könnten.

Durch eines der oberen Gangfenster blickt man auf einen unscheinbaren, rückseitig
angebrachten Balkon. Selbst hier noch besteht das Geländer aus steinernem Maßwerk.
Auch die Südfront gegen das Pfarrhaus zu hat Thoma erst während der Bauzeit gestaltet
. Hier ist ein Detail beachtenswert: Wie Halbmonde über zwei Fensterbögen schwingen
sich kanderner Keramiken, Lehrstücke, die den Übergang Freiburgs von der feudalritterlichen
zur bürgerlich-handwerklichen Neuzeit symbolisieren. Links eine Frau in gotischer
Haartracht und dem Münster, rechts eine zweite mit Jugendstilfrisur vor einem
Gaskandelaber, wie sie auf der Schnewlinbrücke noch erhalten werden konnten. Die
neue Zeit also, und dazwischen das Portrait des bärtigen Münsterbaumeisters Boehrin-
ger, der für diesen Übergang steht: Er hatte es gewagt, an der Südseite des Münsters
den Renaissancevorbau anzubringen, durch den jeder von uns schon einmal gegangen
ist. Die ganze Architektur Thomas ist ein Versuch der Integration sich wandelnder
Geschlechter und Lebensweisen, ihr Weg aus einer überwundenen Vergangenheit in
das Licht modernen Lebens, wie es der Optimismus der Jahrhundertwende begriff.

Geht der Besucher über die Stahltreppe mit ihren Bemalungen einen Stock tiefer,
erreicht er in der Mitte des Ganges das Prunkstück der Schule, die Aula, einen auf
Repräsentation ausgelegten Saal, der in keiner anderen ein ähnliches Pendant besitzt.
Fast ein wenig Neuschwanstein, aber stilvoll und beeindruckend proportioniert, in ihrer
Gesamtheit aus mehreren Räumen bestehend. Zwei Stockwerke durchgreift der eigentliche
Saal, mit bemalter Kasettendecke, der auf der gesamten Ostwand über vierzehn
Fenster sein Licht empfängt. Ein waagerecht durchlaufender Streifen bunter Glasbilder
gliederte und proportionierte die gesamte Fläche. Sie wurden schon lange ausgebaut
und in der neuen Weinbrenner-Schule angebracht, sollen aber nach erfolgter Renovierung
wieder in das alte Gebäude zurückkehren. Jetzt erscheint die Fensterfläche tot,
aber wer nutzt den Saal noch?

Der Raum erscheint überproportional hoch. Der Grund liegt jedoch darin, daß die an den
nördlichen und südlichen Stirnseiten angrenzenden Nebenräume, um Platz zu gewinnen
, abgetrennt und teilweise vermauert wurden. So hat man vier Lehrerzimmer
geschaffen. Je zwei von ihnen liegen übereinander, die unteren sind durch breite Türen
begehbar gewesen, die beiden darüberliegenden waren der Aula zu offen, balkonartig,
mit Säulchen und bronzenen Geländern versehen. Das Steinwerk im ganzen Raum ist
farbig, das Holzwerk, trotz einiger Purifizierungen noch vorhanden. Man hat in den fünfziger
Jahren leider den in der Mitte angebrachten Kronleuchter aus Bronze verschrottet,
ersetzt durch zweckmäßigere Neonleuchten, ohne Gefühl für die architektonische
Bedeutung des Leuchtkörpers, der die leere Mitte des Saales füllt. Man genehmigte sich
das, weil man nach einem Umbau im Dachgeschoß Geld übrig hatte. Hausväterliches
Verhalten muß schließlich seinen Lohn finden! Der Hausherr griff leider nicht ein, und
doch ist es tröstlich, dann in den Akten des Stadtarchivs zu lesen, daß einem Antrag der
damaligen Schulleitung - 1961 - auf die Beseitigung der Aula nicht stattgegeben wurde.
Durch Einziehen einer Zwischendecke plante man die Gewinnung zweier neuer Klassenzimmer
.

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