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III. Die Trauertracht.
diese Bräuche demnach als religiöse Eiten auffassen, die
aber allerdings ihren kultischen Charakter in späterer Zeit
immer mehr verloren haben und endlich nur Ausdrucksformen
des übermässigen Schmerzes geworden sind.x) Aber auch
diese Deutung ist nicht völlig richtig, denn auch sie
erklärt die Trauergebräuche, wie sie uns in der geschichtlichen
Überlieferung entgegentreten, nicht zur Genüge, wie
sich im folgenden zeigen wird. Aus diesen Eiten wird
nämlich mit darauf geschlossen, dass Israels vormosaische
Eeligion ein heidnischer Animismus gewesen sei, indem die
Trauerbräuche als zum Teil bereits abgeblasste Eiten eines
Totenkultus aufgefasst werden.
In den vorexilischen Schriften des Alten Testamentes
werdeii als solche Trauerbräuche folgende erwähnt: Zerreissen
der Kleider, Anlegen einer bestimmten Trauertracht,,
meist Umgürtung mit Sak, Ablegen der Sandalen, Verhüllen
des Hauptes; dann Bestreuen des Hauptes mit Erde
oder Asche, Abschneiden der Haare; dazu kommen noch
andere Handlungen wie das laute Klagen, das Fasten, auch
noch hier und da Spuren von Leichenmählern und von
Selbstverwundungen.
Was zunächst die Trauertracht und -kleidung
betrifft, so erscheint die Anwendung einer solchen in Fällen
der Trauer als etwas ganz Natürliches. Bei fröhlichen Gelegenheiten
stellt das Kleid, besonders das Oberkleid,2) die
Freude äusserlich dar, daher Festkleider und Prachtkleider
als etwas bei besonderen Gelegenheiten x4ngewandtes
oft erwähnt werden, — als Festkleider bei feierlichen Gelegenheiten
(Gen. 27,15; 35, 2; Exod. 19,10. 14; 2 Eeg. 10, 22;
a) So Stade, Schwally, Xowack, Benzinger, Marti,
B. Smith u. viele Neuere.
2) Vgl. Xowack, Arch. I, 120ff.
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