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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/frey1898/0067
Entstehung der Totenklage.

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Seelenkultes fällt, und ist somit ein zwingender Beweis für
Nichtvorhandensein eines ursprünglichen Seelenkultes auf
israelitischem Boden. Zu einer Zeit, da der Tod noch nicht
anders denn nur als eine besondere Art von zeitweilig* aufgehobenem
Leben betrachtet wurde, mussten vor allem
Massnahmen empfehlenswert erscheinen, welche eine Wiedererweckung
des Leblosen zu bewirken versprachen. Zu
solchen Massnahmen gehört in erster Linie als allerein-
fachste das Rufen seines Namens und das zu ihm Reden.
Von hier aus begreift es sich, dass die Totenklage auch dort,
wo sie nur das elende Geschick, das den Verstorbenen betroffen
hat, beklagt, allemal noch den Toten selbst anredet.1)
Die ursprüngliche Form des Rufens wandelt sich in dem
Moment in eine Klage, wo die Erkenntnis auftaucht, dass
das Rufen vergeblich, eine Wiederbelebung zu bewirken
nicht im stände ist. Da nun als das eine solche Wiederbelebung
Hindernde die Gottheit angesehen wurde, musste
die Klage dem entsprechend sofort soweit zu einer kultischen
werden, als sie angesichts der wirksam gedachten Gottheit
geschah, ohne dass jedoch damit notwendig auch die Form
der Klage sich zu ändern brauchte. Erst wo auf weiterer
Stufe der Entwickelung aus dem Seelenglauben ein Seelenkult
hervorwuchs, trat die Gottheit zurück gegen das neue
Objekt des Kultes, die Seele des Verstorbenen, die nunmehr
direkt a n gerufen wird. Wo dieser Schritt der Entwickelung
aber aus irgend welchen Gründen unterblieb,
musste die Klage notwendig die alte Form beibehalten, oder
sie konnte sich nur zu einem ausschliesslich an die Gottheit
gerichteten Gebet ausgestalten, — und umgekehrt: wo
die alte Form der Klage als eines Beklagens des Toten und
seines Geschicks beibehalten worden ist, kann jener weitere

*) Vgl. die oben citierten Stellen.


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