Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., RA 2.2015/9
Frohse, Fritz
Die oberflächlichen Nerven des Kopfes
Berlin, 1895
Seite: 1
(PDF, 12 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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D ie Nerven des Kopfes haben in Wort und Bild mannigfache Darstellungen erfahren. Während die tiefen Nerven fast
ausschliefsliches Gebiet der Anatomen geblieben sind, haben an der Gestaltung der Lehre von den oberflächlichen Nerven des Kopfes
auch Physiologen und Kliniker erheblich mitgearbeitet, und die Tafeln, welche jetzt allenthalben über die Nervenreizungspunkte
im Gebrauch sind, verdanken ihre Entstehung wesentlich der Forschung am Lebenden, an Gesunden und Kranken. In den anatomischen
Lehrbüchern hält nun die bildliche Darstellung nicht mit der Beschreibung Schritt, ferner entbehren die Tafeln der Kliniker der
anatomischen Nachprüfung und Begründung, und vor allem ist bei der Einteilung der Hautnervengebiete ein solcher Widerspruch
in den willkürlich gezogenen Grenzen zu finden, dafs man kaum glauben möchte, es handle sich um denselben Gegenstand. Hat
doch auch Heiberg,*) der eine vorzügliche Abgrenzung der Hautnervenbezirke auf Grund anatomischer Untersuchungen gab, eine
Ungenauigkeit begangen, indem er in seiner Abbildung des Kopfes den Halsnerven eine schmale Zone der Gesichtshaut über dem
Unterkieferrande zuerkennt, in der Gesamtansicht des Körpers aber sie bereits mit demselben abschneiden läfst.

Eine Klarstellung und Begründung kann nur durch sorgfältige anatomische Untersuchung gewonnen werden, die in hergebrachter
Weise mit unbewaffnetem Auge, mit Messer und Scheere erfolgen mufs. Es macht ja praktisch und selbst anatomisch
wenig aus, ob gerade am Kopfe eine Arterie oder Vene ein gröfseres oder kleineres Verbreitungsgebiet hat, ob sie mehr lateral oder
medial verläuft. Verödet hier einmal ein Gefäfs, so öffnen sich fast augenblicklich neue Bahnen, der Schaden ist schnell wieder
ausgeglichen; nicht so bei den Nerven. Erkrankung, Durchtrennung eines Nerven ruft stets schwerere Schädigungen hervor, die immer
erst nach längerer Zeit, häufig gar nicht zur Heilung kommen. Die einmal durch die Entwickelung festgelegten Verhältnisse sind
für die Nerven mafsgebend; bei den Gefäfsen findet eine Anpassung im späteren Leben statt. So tritt eine Arterie oft zu Gunsten
einer anderen, sogar der anderseitigen zurück; so sind an Kopf und Hals zwischen den Venen beider Seiten viele breite Verbindungsbahnen
vorhanden. Um so wichtiger wird die Kenntnis der Nerven, teils um sie bei Operationen zu vermeiden, teils um bei
Erkrankungen, besonders den unerträglichen Neuralgien, aus dem Verbreitungsgebiet, in dem sich der Schmerz äufsert, den Schlufs
auf die Veränderung eines oder mehrerer Nerven zu machen. Darum wird es entscheidend zu wissen, ob, entgegen der gewöhnlichen
Ansicht von einem recht regelmäfsigen Verlauf der Nerven gar nicht so selten eine aufserordentliche Erweiterung eines Nervengebietes
vorhanden sein kann, wie sich die Beziehungen zu den benachbarten Nerven gestalten, ob auf beiden Seiten desselben Kopfes sich
die gleiche Anordnung vorfindet, und das ist — es mufs dieser Hauptsatz vorausgenommen werden — in jedem Falle anders
und oft erheblich verschieden, sowohl bei den sensiblen, wie bei den motorischen Nerven.

Untersuchtes Material.

Meine Untersuchungen fingen damit an, dafs ich zufällig an einem Facialispräparat fand, wie ein Ast vom N. auriculotem-
poralis sich bis zum Mundwinkel erstreckte, ohne eine Verbindung mit dem N. facialis einzugehen. Ferner sah ich an demselben Präparate
einen Hautast vom N. mylohyoideus zum Kinn aufsteigen und den N. zygomaticotemporalis mehrere Anastomosen unter den
eigenen Ästen und je eine mit dem N. supraorbitalis und auriculotemporalis eingehen. Zuerst untersuchte ich nur die sensiblen Nerven,
mufste aber sehr bald den Facialis mit in die Arbeit hineinziehen. Das reiche Material, welches mir bereitwilligst zur Verfügung
gestellt wurde, etwa 20 Köpfe von Erwachsenen und 4 Kinderköpfe, wurde in freien Stunden, besonders während der Ferien der
beiden letzten Jahre planmäfsig verarbeitet, die Ergebnisse meistens sofort durch eigene Zeichnungen festgelegt. Gelegentliche
Befunde auf den Präparirsälen vermehrten die Zahl der Beobachtungen. In den letzten Monaten habe ich mit grofsem Vorteil für
das Verständnis der Entwickelung und ganzen Anlage einige fötale Köpfe untersucht und vergleichend-anatomisch die Köpfe eines
jungen Orang-Utang, der dem hiesigen Institut durch die Güte des Herrn Prof. Selenka in Erlangen zugewandt wurde, eines
Chirapanse und verschiedener anderer Tiere durchgearbeitet. Noch in letzter Stunde wurde mir von Herrn Prof. H. Virchow ein
Negerkopf überlassen.

Kurze Beschreibung* der Tafeln.

Auf Grund dieser lediglich makroskopischen Untersuchungen soll nunmehr ein Überblick über die oberflächlichen Nerven des
Kopfes gegeben werden. Zum besseren Verständnis habe ich 8 Tafeln beigefügt, welche sämtlich von mir entworfen sind. Eine
ganze Anzahl Abbildungen ist genau nach den Präparaten gezeichnet, andere, die grofsen Übersichtsbilder, sind nach vielen Zeichnungen
zusammengestellt, und nur wenige sind schematisiert. Meine Abbildungen sind dann von Herrn P. Behrend in Schöneberg-Berlin für
den Umdruck abgezeichnet, mit grofsem Geschick und Verständnis, das um so mehr Anerkennung verdient, als sich der Zeichner hiermit
zum ersten Male auf das anatomische Gebiet begab. Kleine Änderungen habe ich schliefslich noch selbst vornehmen können. Des
Kostenpunktes wegen mufste auf eine Gegenüberstellung von etwa 30, sämtlich verschiedenen Facialisstämmen, soweit sie in der Kegio
parotideomasseterica liegen, verzichtet werden.

Auf Tafel I ist eine Darstellung der Hautnerven gegeben, wie sie sich präparieren lassen, ohne einen motorischen Nerven
freizulegen.

*) J. Heiberg. Atlas der Hautnervengebiete. Ckristiania, 1884.

Frohse, Oberflächliche Kopfneryen. 1


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